Wittenbrede 1 (Hörstmar): Unterschied zwischen den Versionen

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}}Das Gebäude hatte ehemals die Nr. 51 in Hörstmar
Das Gebäude hatte ehemals die Nr. 51 in Hörstmar


==Geschichte==
==Geschichte==
Paul Schmidt (1895 - 1942)  
Paul Schmidt (1895 - 1942)
In dem Haus in Hörstmar 51 wohnte in den 1930-Jahren der Arbeiter Paul Schmidt (1895–1942). Er war verheiratet mit Johanne Schmidt, geboren Noltekuhlmann, hatte zwei Söhne und wohnte mit seiner Familie im Haus seiner Schwiegereltern. In der Zeit des 1. Weltkrieges war Paul Schmidt Soldat, wie Fotos von ihm belegen. In den Folgejahren arbeitet er in der Landwirtschaft, war auch als Hausschlachter tätig und 1939 zuletzt beschäftigt beim Bau des Sperrholzwerkes in Nienhagen.
In dem Haus in Hörstmar Nr.51 wohnte in den 1930-Jahren der Arbeiter Paul Schmidt. Er war verheiratet mit Johanne Schmidt, geborene Noltekuhlmann, hatte zwei Söhne und wohnte mit seiner Familie im Haus seiner Schwiegereltern. In der Zeit des 1. Weltkrieges war Paul Schmidt Soldat, wie Fotos von ihm belegen. In den Folgejahren arbeitet er in der Landwirtschaft, war auch als Hausschlachter tätig und 1939 zuletzt beschäftigt beim Bau des Sperrholzwerkes in Nienhagen.


In der Zweitschrift eines Berichtes der Gestapo Bielefeld, welche zuerst bei der Bezirksregierung Minden und später im Landesarchiv Detmold (LAV M1 I P Nr.648) archiviert wurde, steht die im folgenden zitierte Eintragung:
In der Zweitschrift eines Berichtes der Gestapo Bielefeld an das Reichssicherheitshauptamt Berlin, welche zuerst bei der Bezirksregierung Minden und später, nach 1945 im Landesarchiv Detmold (LAV M1 I P Nr.648) archiviert wurde, steht die im folgenden zitierte Eintragung:


Am 9.9.1939 wurde der Arbeiter Paul Schmidt aus Hörstmar i. L. festgenommen. Er hatte nach Abschluss des Nichtangriffspaktes mit Rußland staatsabträgliche Äußerungen gemacht und u.a. gesagt: „Jetzt haben sie Adolf Hitler. Jetzt haben sie ihn auf den Knien. Jetzt muss er sich Hilfe holen und kleine Brötchen backen.“ Er war früher SPD-Anhänger. Er wurde in Polizeihaft genommen und soll in ein Kz.-Lager über führt werden.  (LAV M1 I P Nr.648)
Am 9.9.1939 wurde der Arbeiter Paul Schmidt aus Hörstmar i. L. festgenommen. Er hatte nach Abschluss des Nichtangriffspaktes mit Rußland staatsabträgliche Äußerungen gemacht und u.a. gesagt: „Jetzt haben sie Adolf Hitler. Jetzt haben sie ihn auf den Knien. Jetzt muss er sich Hilfe holen und kleine Brötchen backen.“ Er war früher SPD-Anhänger. Er wurde in Polizeihaft genommen und soll in ein Kz.-Lager überführt werden.  (LAV M1 I P Nr.648)


Ab dem 29.9.1939 war Paul Schmidt im KZ Sachsenhausen und anschließend vom 6. April 1940 bis zum 12. April 1942 im KZ Flossenbürg in Bayern inhaftiert.  
Ab dem 29.9.1939 war Paul Schmidt im KZ Sachsenhausen und anschließend vom 6. April 1940 bis zum 12. April 1942 im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz in Bayern inhaftiert. Die Häftlinge in Flossenburg wurden zur Arbeit im örtlichen Granitsteinbruch gezwungen. In einer ärztlichen Bescheinigung des SS-Standortarztes im KZ Flossenbürg vom 12. April 1942 steht, dass Paul Schmidt an Herz- und Kreislaufversagen verstorben sei.   
In einer ärztlichen Bescheinigung des SS-Standortarztes im KZ Flossenbürg vom 12. April 1942 steht, dass Paul Schmidt an Herz- und Kreislaufversagen verstorben sei.   


Die Richtigkeit dieser Angaben darf bezweifelt werden, wenn man die Dokumentation zu den Arbeitsbedingungen im  KZ Flossenbürg anschaut, die zeigt dass die Inhaftierten in diesem Lager mit einfachsten Hilfsmitten in einem Steinbruch Granitsteinblöcke abbauen und transportfähig machen mussten. Dem dort angewandten Prinzip „Vernichtung durch Arbeit“ ist offensichtlich auch Paul Schmidt zum Opfer gefallen.  
Die Richtigkeit dieser Angabe zur Todesursache darf bezweifelt werden, wenn man die Dokumentation zum KZ Flossenbürg (3) anschaut, die zeigt, dass die Inhaftierten dieses Lagers in einem Steinbruch unter schlechten Arbeitsbedingungen, ohne Sicherheitsvorkehrungen, bei jedem Wetter und mit einfachsten Hilfsmitten Granitsteinblöcke abbauen und transportfähig machen mussten. Dem dort angewandten Prinzip „Vernichtung durch Arbeit“ ist offensichtlich auch Paul Schmidt zum Opfer gefallen. Mindestens 30.000 Häftlinge kamen  zwischen 1938 und 1945 im KZ Flossenbürg ums Leben.  


Zur Erinnerung an Paul Schmidt wurde im Jahre 2017 vor dem Haus Wittenbrede 1 in Hörstmar nach Abstimmung mit der Stadt Lemgo vom Kölner Künstler Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt.
Zur Erinnerung an Paul Schmidt wurde im Jahre 2017 vor dem Haus Wittenbrede 1 in Hörstmar nach Abstimmung mit der Stadt Lemgo von dem Kölner Künstler Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt.


==Gebäude==
==Gebäude==
Die Haustätte Wittenbrede 1, ehemals Hörstmar Nr. 51 liegt südlich vom Dorf Hörstmar an dem Weg nach Heiden in Einzellage am Waldrand. Das schlichte Gebäude ist zweigeschossig mit Satteldach traufenständig in massiver Bauart um 1900 errichtet worden. Ein zweigeschossiger Anbau mit Dachterrasse an der Ostseite ist in den letzten Jahrzehnten entstanden.


==Inschriften==
==Inschriften==


==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
1901<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Noltekuhlmann
1901<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Noltekuhlmann, Fritz, Ziegler; Depping, August, Ziegler


1926<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref>  Noltekuhlmann
1926<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref>  Noltekuhlmann; Schmidt, Paul, Arbeiter


==Literatur==
==Literatur==


==Quellen==
==Quellen==
 
(3)  Konzentrationslager Flossenbürg 1938 – 1945, Katalog zur ständigen Ausstellung, Herausgeber: KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Stiftung Bayrischer Gedenkstätten, Flossenbürg 2008
==Weblinks==
==Weblinks==


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />



Aktuelle Version vom 3. Dezember 2025, 21:03 Uhr

Wittenbrede 1 (Hörstmar)
OrtsteilHörstmar
StraßeWittenbrede (Hörstmar)
Hausnummer1
Karte
Adressbuch von 1901Ja
GemeindeHörstmar
Straße./.
Hausnummer51

Das Gebäude hatte ehemals die Nr. 51 in Hörstmar

Geschichte

Paul Schmidt (1895 - 1942)

In dem Haus in Hörstmar Nr.51 wohnte in den 1930-Jahren der Arbeiter Paul Schmidt. Er war verheiratet mit Johanne Schmidt, geborene Noltekuhlmann, hatte zwei Söhne und wohnte mit seiner Familie im Haus seiner Schwiegereltern. In der Zeit des 1. Weltkrieges war Paul Schmidt Soldat, wie Fotos von ihm belegen. In den Folgejahren arbeitet er in der Landwirtschaft, war auch als Hausschlachter tätig und 1939 zuletzt beschäftigt beim Bau des Sperrholzwerkes in Nienhagen.

In der Zweitschrift eines Berichtes der Gestapo Bielefeld an das Reichssicherheitshauptamt Berlin, welche zuerst bei der Bezirksregierung Minden und später, nach 1945 im Landesarchiv Detmold (LAV M1 I P Nr.648) archiviert wurde, steht die im folgenden zitierte Eintragung:

Am 9.9.1939 wurde der Arbeiter Paul Schmidt aus Hörstmar i. L. festgenommen. Er hatte nach Abschluss des Nichtangriffspaktes mit Rußland staatsabträgliche Äußerungen gemacht und u.a. gesagt: „Jetzt haben sie Adolf Hitler. Jetzt haben sie ihn auf den Knien. Jetzt muss er sich Hilfe holen und kleine Brötchen backen.“ Er war früher SPD-Anhänger. Er wurde in Polizeihaft genommen und soll in ein Kz.-Lager überführt werden.  (LAV M1 I P Nr.648)

Ab dem 29.9.1939 war Paul Schmidt im KZ Sachsenhausen und anschließend vom 6. April 1940 bis zum 12. April 1942 im KZ Flossenbürg in der Oberpfalz in Bayern inhaftiert. Die Häftlinge in Flossenburg wurden zur Arbeit im örtlichen Granitsteinbruch gezwungen. In einer ärztlichen Bescheinigung des SS-Standortarztes im KZ Flossenbürg vom 12. April 1942 steht, dass Paul Schmidt an Herz- und Kreislaufversagen verstorben sei.

Die Richtigkeit dieser Angabe zur Todesursache darf bezweifelt werden, wenn man die Dokumentation zum KZ Flossenbürg (3) anschaut, die zeigt, dass die Inhaftierten dieses Lagers in einem Steinbruch unter schlechten Arbeitsbedingungen, ohne Sicherheitsvorkehrungen, bei jedem Wetter und mit einfachsten Hilfsmitten Granitsteinblöcke abbauen und transportfähig machen mussten. Dem dort angewandten Prinzip „Vernichtung durch Arbeit“ ist offensichtlich auch Paul Schmidt zum Opfer gefallen. Mindestens 30.000 Häftlinge kamen zwischen 1938 und 1945 im KZ Flossenbürg ums Leben.

Zur Erinnerung an Paul Schmidt wurde im Jahre 2017 vor dem Haus Wittenbrede 1 in Hörstmar nach Abstimmung mit der Stadt Lemgo von dem Kölner Künstler Gunter Demnig ein Stolperstein verlegt.

Gebäude

Die Haustätte Wittenbrede 1, ehemals Hörstmar Nr. 51 liegt südlich vom Dorf Hörstmar an dem Weg nach Heiden in Einzellage am Waldrand. Das schlichte Gebäude ist zweigeschossig mit Satteldach traufenständig in massiver Bauart um 1900 errichtet worden. Ein zweigeschossiger Anbau mit Dachterrasse an der Ostseite ist in den letzten Jahrzehnten entstanden.

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

1901[1] Noltekuhlmann, Fritz, Ziegler; Depping, August, Ziegler

1926[2] Noltekuhlmann; Schmidt, Paul, Arbeiter

Literatur

Quellen

(3) Konzentrationslager Flossenbürg 1938 – 1945, Katalog zur ständigen Ausstellung, Herausgeber: KZ-Gedenkstätte Flossenbürg / Stiftung Bayrischer Gedenkstätten, Flossenbürg 2008

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Adressbuch für das Fürstenthum Lippe, Detmold 1901 Digitalisat
  2. Adreßbuch des Landes Lippe, Detmold 1926 Digitalisat

Autor*innen

Lothar Kaup

Seitenhistorie

Seite erstellt am 02.12.2025 von Lothar Kaup

Letzte Änderung am: 03.12.2025 von Lothar Kaup