Lange Straße 69 (Lage): Unterschied zwischen den Versionen

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|Koordinaten=51.99218, 8.79302
|Koordinaten=51.99103, 8.79237
|Adressbuch1901=Ja
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|Straße1901=Lange Str.
}}Das heutige Gebäude Bergstraße 19 wurde 1915–1918 als Geschäftshaus mit Ladenlokal im Erdgeschoss und zwei darüber liegenden Wohngeschossen errichtet.  
|Hausnummer1901=096
 
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Vorgängerbau war ein 1663 errichtetes und 1915 abgerissenes Fachwerkhaus, ein Vierständerbau mit linksseitiger zweigeschossiger Utlucht. Die Hausstelle trug die historische Stätten-Nr. 33, später die Hausnummer 74.
Das Gebäude Lange Straße 69 prägt als repräsentatives Eckhaus zur Bergstraße den Lagenser Marktplatz. Das »Haus Henneberg« (Drogerie Henneberg 1876–1990) geht zurück auf die sehr alte Hausstelle des ehem. Küsterhauses.  


==Geschichte==
==Geschichte==
[[Datei:1908 Fachwerkhaus Bergstr. 19 mit Seilerfamilie.jpg|mini|Das ehemals Bade'sche, seit 1860 Siekmann'sche Fachwerkhaus. Auf der Bank vor dem Haus sind der Seilermeister Heinrich Siekmann, seine Ehefrau Paula (geb. Berger) sowie vermutlich der älteste Sohn Walter zu erkennen, um 1908, Foto: Archiv Siekmann]]


[[Datei:1904 Lippische Landes-Zeitung 137 (2.7.1904) 153 (2).png|mini|»Draht-, Hanf- und Bodenseile in allen Längen und Stärken, Ackerleinen, Krenzleinen, Waschleinen, Gerüststränge, Zugstränge, Fliegennetze und Ohrenklappen für Pferde, Zimmerer-Schnüre, Maurer-Schnüre. Fischnetze, Marktnetze, Schellenzüge, Hängematten, sowie sämmtliche Seilerwaren empfiehlt billigst H. Siekmann, Lage in Lippe, Seilermeister.« (Lippische Landeszeitung 1904)]]
Auf der Hausstelle ist seit mindestens 1593 ein zur ev. ref. Marktkirchengemeinde gehöriges Küsterhaus nachweisbar. Das heutige Gebäude geht im Kern auf einen 1810 errichteten zweigeschossigen Fachwerkbau zurück. Er wurde in den 1840er-Jahren von der Gemeinde in Privatbesitz verkauft, 1876 ging er an Carl Henneberg und wurde 1886 massiv aufgemauert. Ein weiterer großer Aus- und Umbau fand 1898 statt, als das Gebäude u.a. ein weiteres Obergeschoss, einen repräsentativen Ziergiebel und das bis heute erhaltene Wappen der Familie Henneberg (Henne auf Berg) erhielt.


[[Datei:1909 (ca.) Bergstraße mit Friedenseiche.jpg|mini|Das schräg in die Straßenflucht der modernisierten Bergstraße hineinragende Siekmann'sche Fachwerkhaus, ca. 1909 von der Friedenseiche aus fotografiert, Fotokopie einer Postkarte, Archiv Siekmann]]


[[Datei:1915 Abriss Fachwerkhaus Bergstr.jpg|mini|Im Jahr 1915 wurde das schräg in die Straßenflucht hineinragende Fachwerkhaus abgerissen, um ein dreigeschossiges Geschäftshaus zu errichten. (Foto: Archiv Siekmann)]]
Langestraße Nr. 69 (nach 1894) | Langestraße Nr. 46 (1877 bis 1893) | Lage Nr. 35 (zwischen 1852 und 1877) | Lage Nr. 39 (1852) | Lage Nr. 27 (1822) || Gebäudesteuernummer: 96
 
[[Datei:1920 (ca.) Neubau mit Laden & Heinrich.jpg|mini|Das Foto (um 1920) zeigt den Neubau; aus der vormaligen Seilerei war ein Geschäft für Seiler- und Korbwaren geworden. Heinrich Siekmann (1872 – 1928) sitzt in einem Korbsessel. (Foto: Archiv Siekmann)]]
 
[[Datei:1957 Haus Bergstraße Laden-Umbau.jpg|mini|Die Häuser Bergstraße 17 (links im Anschnitt), 19 und 21 im Jahr 1957. Im Ladengeschäft Siekmann war gerade der Ladeneingang verlegt und der vormalige Hauseingang zugunsten eines Schaufensters geschlossen worden. Es folgt das Haus Vogt mit dem Manufakturwaren/Textilgeschäft. Hinten ist (das weiter zurück gelegene Seppmannsche Haus ist verdeckt) das Stüker'sche Haus an der Ecke zur Schötmarschen Straße zu erkennen. (Foto: Archiv Siekmann]]
 
In den ersten anderthalb Jahrhunderten nach seiner Errichtung (1663) wurde das für das 17. Jahrhundert typische Ackerbürgerhaus von der Familie Bade (Baade) bewohnt. Nach mehreren kürzerfristigen Besitzerwechseln ab 1826 wurde es 1860 vom Seilermeister Henrich Ludwig Siekmann (*1828) gekauft, der dort sein Gewerbe betrieb und mit seiner Familie lebte. Siekmann betrieb seine Seiler(Reeper)bahn entlang der Friedhofsmauer an der Eichenallee. Zum Haus gehörte ein kleiner Garten mit Brunnen, der 1891 dem Schwiegersohn Klempner Fritz Sigges als "Brautschatz" überschrieben wurde. Hier wurde wenige Jahre später die Neuwohnerstätte Nr. 486, heute [[Bergstraße_17_(Lage)|Bergstr. 17]], errichtet.
 
Auch Henrich Ludwigs Sohn Heinrich Siekmann (*1872) lernte das Seilerhandwerk und führte den Betrieb ab 1898 fort. Als zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Lagenser Innenstadt mehr und mehr alte Häuser durch größere Geschäftshäuser ersetzt und die Straßenfluchten begradigt wurden, wurde auch das zuweilen als "Verkehrshindernis" wahrgenommene Siekmann'sche Fachwerkhaus im Jahr 1915 abgerissen und durch einen (kriegsbedingt erst) 1918 fertiggestellten Neubau ersetzt. Die Seilerei wandelte sich über einen Seilerbedarf-, Korbwaren- und Kinderwagenladen schließlich in ein Spielwarengeschäft.


==Gebäude==
==Gebäude==


==Inschriften==
==Inschriften==
Torbogeninschrift:
ANNO 1663 DEN 10. JULI HABEN DIESES HAUS BAUWEN LASSEN JURGEN SUNDERMAN UNDT ILSABEIN BADE


==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
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''Clara-Arabin Welchert schilderte in ihren Jugenderinnerungen, den Lagenser Straßenzügen folgend, zahlreiche Häuser und Menschen der Kernstadt; ihre lebhaften Beschreibungen umfassen i.d.R. einen Zeitraum zwischen 1890 und 1920.''  
''Clara-Arabin Welchert schilderte in ihren Jugenderinnerungen, den Lagenser Straßenzügen folgend, zahlreiche Häuser und Menschen der Kernstadt; ihre lebhaften Beschreibungen umfassen i.d.R. einen Zeitraum zwischen 1890 und 1920.''  


"Das Seiler Siekmann'sche Haus, Bergstraße 19, war ein altes schönes Fachwerkhaus aus dem Jahre 1663 mit einem vorspringenden Erker, der weit in die Gehbahn ragte. Das Haus hatte noch die alte zweiteilige Hekentür. Im Innern des Hauses, auf der „Deele", hingen lange Seile an den Wanden. Der alte Seilermeister war ein äußerst fleißiger Mann, der sein Gewerbe mit Umsicht und Ausdauer betrieb.
"Carl Henneberg, Drogerie, 1875 gegründet, war die einzige Drogerie, die wir in unserem kleinen Städtchen vor etwa 70 Jahren hatten. Der Inhaber erfreute sich mit seiner treuen Lebensgefährtin, welche ebenfalls die Kundschaft bediente, großen Ansehens und seltener Hochachtung. Beide waren stets freundlich und entgegenkommend, ganz gleich, wer sich im Laden als Kunde befand. Es war kein Wunder, daß die Drogerie einen ungeahnten Aufschwung nahm.
Ja, längs der Friedhofsmauer in der Eichenallee war der alte Handwerksmeister dabei, dicke Seile zu drehen. Hier ging er, mit einer blauleinenen Schürze angetan, in welcher sich Flachs und Hede befanden, längs der Friedhofsmauer auf und ab, von seinem Seilerhäuschen, das sich am oberen Ende der Bahn befand, bis ans untere Ende, wo sich eine Haspel oder ein Kreuz befand.
Der alte Inhaber und Besitzer war von Beruf Apotheker, oft half er mit Drogen dem „Kleinen Mann" oder einem Kranken durch Verabreichung von Kräutern. Immer wieder wurde die Bitte an ihn herangetragen, da weit und breit nur eine Apotheke war, doch noch eine Apotheke zu eröffnen. Dieses scheiterte jedoch an dem Privileg der am Orte ansässigen Apotheke.
Für unsere Jugend war dies eine recht interessante Beschäftigung, man sah gern dem alten Seilermeister mit seinen Silberlocken bei seiner Arbeit zu. Als die Anlage einer Gehbahn an der Bergstraße akut wurde, und der Siekmann'sche Erker im Wege war, kaufte die Stadt im Januar 1914 den Erker an.
Was wurde aber nicht alles in einer solchen Drogerie geführt! Es gab nicht allein Drogen, sondern auch Käse, Heringe, Konserven, Weine und sogar wärmende Galoschen und Schuhe. Wie hat sich alles von Generation zu Generation gewandelt!
Nach dem Abbruch des alten Hauses im Jahre 1914 wurde sofort mit einem Neubau begonnen. Durch die Kriegsereignisse verzögerte sich jedoch die Fortführung des Baues derart, daß der Rohbau erst im Jahre 1918 fertig wurde. Als der alte Herr das Zeitliche gesegnet hatte, wurde von seinen Erben der heutige Bau errichtet. Das Handwerk der alten Seilerzunft war mit ihm in unserem Städtchen erloschen. Die Nachfolger widmeten sich mehr dem Verkauf von Kinderwagen und Spielsachen."<ref>{{Arabin-WelchertErinnerungen1962}}, S. 212</ref>
Nach dem Heimgang des Gründers übernahm der Sohn Carl Henneberg die Drogerie und firmierte nun unter der Bezeichnung „Markt-Drogerie". Mit vielen Verkaufssachen wurde aufgeräumt, das Haus durch große Umbauten modernisiert und aufgestockt, um den Ansprüchen der Zeit gerecht zu werden, weil weitere Drogerien im Stadtgebiet gegründet waren, und die Einwohnerzahl sich fast auf das Doppelte erhöht hatte. Jahrzehnte hat auch dieser Besitzer, besonders in den zwei Kriegen in alter Treue und Gewissenhaftigkeit die Belange der Bevölkerung wahrgenommen und seine Drogerie weiter ausgebaut. Vor wenigen Jahren übergab er sie dann seinem einzigen Sohn. Nun wird die alte Drogerie, getreu dem Grundsatz des alten Großvaters und Vaters, in deren Sinne fortgeführt.
"<ref>{{Arabin-WelchertErinnerungen1962}}, S. 205</ref>


==Literatur==
==Literatur==


Roland Siekmann: Das Haus Siekmann an der Bergstraße und seine Nachbarschaft am „Ehlentruper Gang“. In: Historisches Jahrbuch Lage 2019, Lippe Verlag 2019, S. 71-92.
Burkhard Meier: "... empfehle ich mein Unternehmen vertrauensvoll" - Die Geschichte der Familie Henneberg und ihrer Drogerie in Lage. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Lage 10), Lippischer Heimatbund, Postillon Verlag 1996.


==Quellen==
==Quellen==
Hausakten, Grundbücher u. Kataster im LAV NRW OWL
Akten aus Privatbesitz u. Stadtarchiv Lage


==Weblinks==
==Weblinks==

Aktuelle Version vom 15. Dezember 2025, 21:49 Uhr

Lange Straße 69 (Lage)
OrtsteilLage (Kernstadt)
StraßeLange Straße (Lage)
Hausnummer69
Karte
Adressbuch von 1901Ja
GemeindeKernstadt
StraßeLange Str.
Hausnummer096


Das Gebäude Lange Straße 69 prägt als repräsentatives Eckhaus zur Bergstraße den Lagenser Marktplatz. Das »Haus Henneberg« (Drogerie Henneberg 1876–1990) geht zurück auf die sehr alte Hausstelle des ehem. Küsterhauses.

Geschichte

Auf der Hausstelle ist seit mindestens 1593 ein zur ev. ref. Marktkirchengemeinde gehöriges Küsterhaus nachweisbar. Das heutige Gebäude geht im Kern auf einen 1810 errichteten zweigeschossigen Fachwerkbau zurück. Er wurde in den 1840er-Jahren von der Gemeinde in Privatbesitz verkauft, 1876 ging er an Carl Henneberg und wurde 1886 massiv aufgemauert. Ein weiterer großer Aus- und Umbau fand 1898 statt, als das Gebäude u.a. ein weiteres Obergeschoss, einen repräsentativen Ziergiebel und das bis heute erhaltene Wappen der Familie Henneberg (Henne auf Berg) erhielt.


Langestraße Nr. 69 (nach 1894) | Langestraße Nr. 46 (1877 bis 1893) | Lage Nr. 35 (zwischen 1852 und 1877) | Lage Nr. 39 (1852) | Lage Nr. 27 (1822) || Gebäudesteuernummer: 96

Gebäude

Inschriften

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

Erinnerungen

Clara-Arabin Welchert schilderte in ihren Jugenderinnerungen, den Lagenser Straßenzügen folgend, zahlreiche Häuser und Menschen der Kernstadt; ihre lebhaften Beschreibungen umfassen i.d.R. einen Zeitraum zwischen 1890 und 1920.

"Carl Henneberg, Drogerie, 1875 gegründet, war die einzige Drogerie, die wir in unserem kleinen Städtchen vor etwa 70 Jahren hatten. Der Inhaber erfreute sich mit seiner treuen Lebensgefährtin, welche ebenfalls die Kundschaft bediente, großen Ansehens und seltener Hochachtung. Beide waren stets freundlich und entgegenkommend, ganz gleich, wer sich im Laden als Kunde befand. Es war kein Wunder, daß die Drogerie einen ungeahnten Aufschwung nahm. Der alte Inhaber und Besitzer war von Beruf Apotheker, oft half er mit Drogen dem „Kleinen Mann" oder einem Kranken durch Verabreichung von Kräutern. Immer wieder wurde die Bitte an ihn herangetragen, da weit und breit nur eine Apotheke war, doch noch eine Apotheke zu eröffnen. Dieses scheiterte jedoch an dem Privileg der am Orte ansässigen Apotheke. Was wurde aber nicht alles in einer solchen Drogerie geführt! Es gab nicht allein Drogen, sondern auch Käse, Heringe, Konserven, Weine und sogar wärmende Galoschen und Schuhe. Wie hat sich alles von Generation zu Generation gewandelt! Nach dem Heimgang des Gründers übernahm der Sohn Carl Henneberg die Drogerie und firmierte nun unter der Bezeichnung „Markt-Drogerie". Mit vielen Verkaufssachen wurde aufgeräumt, das Haus durch große Umbauten modernisiert und aufgestockt, um den Ansprüchen der Zeit gerecht zu werden, weil weitere Drogerien im Stadtgebiet gegründet waren, und die Einwohnerzahl sich fast auf das Doppelte erhöht hatte. Jahrzehnte hat auch dieser Besitzer, besonders in den zwei Kriegen in alter Treue und Gewissenhaftigkeit die Belange der Bevölkerung wahrgenommen und seine Drogerie weiter ausgebaut. Vor wenigen Jahren übergab er sie dann seinem einzigen Sohn. Nun wird die alte Drogerie, getreu dem Grundsatz des alten Großvaters und Vaters, in deren Sinne fortgeführt. "[1]

Literatur

Burkhard Meier: "... empfehle ich mein Unternehmen vertrauensvoll" - Die Geschichte der Familie Henneberg und ihrer Drogerie in Lage. (Beiträge zur Geschichte der Stadt Lage 10), Lippischer Heimatbund, Postillon Verlag 1996.

Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Clara Arabin-Welchert, Ich schrieb es auf. Erinnerungen aus der Stadt Lage, Lage 1962, S. 205

Autor*innen

Roland Siekmann

Seitenhistorie

Seite erstellt am 14.12.2025 von Roland Siekmann

Letzte Änderung am: 15.12.2025 von Roland Siekmann