Rittergut Niederntalle (Talle): Unterschied zwischen den Versionen
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Sehr wahrscheinlich ist der Hof Niederntalle auf Ländereien entstanden, die vom Meierhof [[Am Kronshagenhof 13 (Talle)|(s. Talle Nr. 2)]] erworben wurden. | |||
Der Hof in Niederntalle ist wohl Ende des 15. Jahrhunderts gegründet worden. Im Landschatzregister von 1507 wird in der Rubrik Talle bereits ein Dubberherman genannt.<ref>Stöwer, Landschatzregister, 1467-1507, S. 37.</ref> | |||
Dieser erscheint erneut im Höfeverzeichnis von ca. 1515 unter der gleichen Rubrik: ''Dubber Hermen is frig ampt gudt'' („ist freies Amtsgut“).<ref>L 101 C I Nr. 235, S. 5.</ref> Mit Gut ist hier ein ländlicher Grundbesitz gemeint. Den Status „Gutshof“ erhielt Niederntalle erst 1606. | |||
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Schuldenberg des Hofes immer größer. Etliche Male musste sich der Interimswirt Herman Dubber, ein geborener Klocke aus Röntorf, Geld borgen. Unter der Wirtschaft dieses Hermann Dubber geriet der Hof mehr und mehr in Schulden. Er sei, so liest man in den Quellen, ein versoffenen Ridder gewesen, der in den Krügen gelegen und sein angetretenes Gut nicht geachtet hätte. Seine Eltern wären auch nicht anders gewesen, und seine Geschwister auch nicht. Er habe gern getrunken und von seinen Stiefsöhnen keine Hilfe gehabt.<ref>L 84 I G 177’, S. 129.</ref> | |||
Der Schuldenberg war 1598 schließlich so stark angewachsen, dass alle Gläubiger zum Taller Krug bestellt wurden, damit die Gesamtsumme der Schulden verzeichnet würde. Gleichzeitig taxierte der Bedienstete des Amtes Varenholz den Dubber’schen Besitz. Der Wert des Wohnhauses wurde dabei auf 400 Taler geschätzt. Als weitere Gebäude in Niederntalle nennt das Verzeichnis von 1598 einen Spieker im Wert von 40 Talern und eine Scheune von 30 Talern. Ansonsten wurde dort nicht viel von Wert angetroffen. | |||
Im August 1599 verlor Hermann Niederdubber schließlich sein Meierrecht auf dem Hof Niederntalle. Ihm wurde vorgeworfen, die jährlichen Pachten und Abgaben nicht bezahlt zu haben. Schwerer wog allerdings die Tatsache, dass er zusammen mit seinem Sohn einen Teil der Länderei ohne Bewilligung des Grafen, des Grundherrn des Hofes, verpfändet hatte. | |||
Das Ende ihres Besitzrechtes kam für die Familie wenige Jahre später, als Graf Simon VI. zur Lippe seinem Rat Johann Grote aus Lemgo den Hof Niederntalle zum Kauf anbot. Die Dubber’schen Kinder, vor allem der inzwischen verheiratete Anerbe Evert, machten ihre Ansprüche auf Brautschätze und Abfindungen geltend. Die Forderungen der Geschwister beliefen sich auf fast 900 Taler, die Schulden, die von den Gläubigern geltend gemacht wurden, betrugen über 1800 Taler.<ref>L 25 Nr. 213 (Dubbert), Bl. 91-100.</ref> Von dem Hof mussten bei seinem Verkauf also noch enorme Beträge ausgezahlt werden. | |||
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==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ||
* 1507 (Landschatzregister), um 1515 (Höfeverzeichnis) | |||
Hermann Dubber (der Ältere), amtsfreier Hofbesitzer zu Niederntalle. | |||
Sein Sohn und Anerbe Hermann Dubber (der Jüngere) ist um 1515 Besitzer des Brinkhofs, er wechselt später auf den Hof Niederntalle | |||
* 1535 (Landschatzregister) Henrich Dubber, Sohn des jüngeren Hermann Dubber | |||
∞ I. vor 1534: NN, frei geboren | |||
aus dieser Ehe stammt der Anerbe Evert (siehe unten) | |||
∞ II. nach 1534: Anneke NN, Hörige des Reineke de Wend. | |||
Aus der 2. Ehe stammen die Kinder Hermann, Johann, Peter, Gertrud und eine weitere Tochter. Der Sohn Hermann Dubber heiratete 1579 die Witwe Adelheit Sake und übernahm als [[Am Südhang 6 (Talle)|''Oberdubber'']], wie er bald genannt wurde, den Krughof in Talle. Eine Tochter Henrich Dubbers heiratete Cord Arning und gründete mit ihm die Stätte [[Taller Straße 29 (Talle)|Talle Nr. 12]]. | |||
* 1572 (Landschatzregister) Hermann Dubber, genannt Niederdubber, geboren vom „Mittelsten Hof“ in Röntorf, ∞ Anneke, Witwe des Henrich Dubber | |||
* 1599 Hermann Dubber wird abgemeiert | |||
* 1605 Der Anerbe Evert Dubber wird vom Hof abgefunden | |||
==Literatur== | ==Literatur== | ||
Version vom 22. Februar 2025, 19:18 Uhr
| Rittergut Niederntalle (Talle) | |
|---|---|
| Ortsteil | Talle |
| Straße | Niederntalle (Talle) |
| Hausnummer | Gut |
| Karte | |
| Adressbuch von 1901 | |
| Gemeinde | Talle |
| Hausnummer | 000 |
An dieser Stelle bitte eine kurze Einführung einfügen, u.a. wann gegründet/erbaut, ehem. Haus-Nr.
Geschichte
Der Hof Niederntalle
Sehr wahrscheinlich ist der Hof Niederntalle auf Ländereien entstanden, die vom Meierhof (s. Talle Nr. 2) erworben wurden. Der Hof in Niederntalle ist wohl Ende des 15. Jahrhunderts gegründet worden. Im Landschatzregister von 1507 wird in der Rubrik Talle bereits ein Dubberherman genannt.[1] Dieser erscheint erneut im Höfeverzeichnis von ca. 1515 unter der gleichen Rubrik: Dubber Hermen is frig ampt gudt („ist freies Amtsgut“).[2] Mit Gut ist hier ein ländlicher Grundbesitz gemeint. Den Status „Gutshof“ erhielt Niederntalle erst 1606.
Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde der Schuldenberg des Hofes immer größer. Etliche Male musste sich der Interimswirt Herman Dubber, ein geborener Klocke aus Röntorf, Geld borgen. Unter der Wirtschaft dieses Hermann Dubber geriet der Hof mehr und mehr in Schulden. Er sei, so liest man in den Quellen, ein versoffenen Ridder gewesen, der in den Krügen gelegen und sein angetretenes Gut nicht geachtet hätte. Seine Eltern wären auch nicht anders gewesen, und seine Geschwister auch nicht. Er habe gern getrunken und von seinen Stiefsöhnen keine Hilfe gehabt.[3]
Der Schuldenberg war 1598 schließlich so stark angewachsen, dass alle Gläubiger zum Taller Krug bestellt wurden, damit die Gesamtsumme der Schulden verzeichnet würde. Gleichzeitig taxierte der Bedienstete des Amtes Varenholz den Dubber’schen Besitz. Der Wert des Wohnhauses wurde dabei auf 400 Taler geschätzt. Als weitere Gebäude in Niederntalle nennt das Verzeichnis von 1598 einen Spieker im Wert von 40 Talern und eine Scheune von 30 Talern. Ansonsten wurde dort nicht viel von Wert angetroffen.
Im August 1599 verlor Hermann Niederdubber schließlich sein Meierrecht auf dem Hof Niederntalle. Ihm wurde vorgeworfen, die jährlichen Pachten und Abgaben nicht bezahlt zu haben. Schwerer wog allerdings die Tatsache, dass er zusammen mit seinem Sohn einen Teil der Länderei ohne Bewilligung des Grafen, des Grundherrn des Hofes, verpfändet hatte.
Das Ende ihres Besitzrechtes kam für die Familie wenige Jahre später, als Graf Simon VI. zur Lippe seinem Rat Johann Grote aus Lemgo den Hof Niederntalle zum Kauf anbot. Die Dubber’schen Kinder, vor allem der inzwischen verheiratete Anerbe Evert, machten ihre Ansprüche auf Brautschätze und Abfindungen geltend. Die Forderungen der Geschwister beliefen sich auf fast 900 Taler, die Schulden, die von den Gläubigern geltend gemacht wurden, betrugen über 1800 Taler.[4] Von dem Hof mussten bei seinem Verkauf also noch enorme Beträge ausgezahlt werden.
Gebäude


Herrenhaus
Nebengebäude
Mühlen


Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entstanden drei kleine Mühlen des Gutes Niederntalle, Mahl-, Öl- und Bokemühle.
Die Bewohner von Talle und Umgebung waren damals verpflichtet, ihr Getreide in der für sie zuständigen Mühle mahlen zu lassen. Um 1666 z. B. mussten die Einwohner aus Talle deshalb mit ihrem Getreide zur Steinmühle bei Lemgo fahren. Jost Christian von Grote als Besitzer des Rittergutes Niederntalle unterlag diesem Mühlenbann jedoch nicht. Ausdrücklich betonte er, dass er „...mahlen laßen mog, wo mir belibet“. Er ließ sich von Graf Hermann Adolph zur Lippe ein Privileg ausstellen und durfte deshalb Korn für seinen Eigenbedarf mahlen. Das Privileg trägt das Datum 8. März 1666. Es enthält die Bedingung, nur einen kleinen Mühlstein zu verwenden. Das bedeutete, dass die Mühle nur ein Mahlwerk besitzen durfte. Diese erste Mühle war eine Mahlmühle, lag südöstlich des Gutes und nur wenige Schritte von dort entfernt. Weil sie später zwischen zwei weiteren Mühlen in Niederntalle lag, wurde sie dann Mittelmühle genannt (s. Niederntalle 5).
Im Oktober 1705 reichte Otto Henrich von Grote dem Grafen ein Gesuch wegen einer weiteren Mühle ein. Am 10.11.1710 verfasste Otto Henrichs Bruder Dietrich von Groten erneut ein Bittschreiben. Die Mühlengebäude, also die Gebäude der späteren Mittelmühle, seien in einem so desolaten Zustand, dass er eine gänzliche Renovierung vornehmen müsse, wenn sie nicht zusammenfallen sollten. Ähnlich wie fünf Jahre zuvor sein Bruder argumentierte er, mit einer weiteren Mühle die jahreszeitlich schwankenden Wassermengen besser nutzen zu können. Diese weitere Mühle beachsichtigte er allerdings 50 Schritt höher aufzurichten. Am 22. Mai 1719 reichte er erneut ein Schreiben ein, trug seine Argumente wiederholt vor und ergänzte, dass er direkt oberhalb der bisherigen Mühle ... noch einen kleinen Teich liegen habe deßen mich mit wenigen Kosten zu einem Bokelwerke und beizu zu einem bißgen vom Mahlgrindel (Mahlwerk) bedienen könnte. Die schließlich am 9.11.1720 erteilte Konzession beinhaltete nicht nur das beantragte Bokelwerk, das zum Weichklopfen von Flachs diente, sondern auch die Mahlfreiheit für die sogenannte Obermühle. Nachdem der Landesherrschaft u.a. eine gewisse Geldsumme gezahlt worden war, durften auch die umliegenden Kötter in den von Grote’schen Mühlen mahlen lassen.
An der Stelle dieser nach 1720 aufgebauten Obermühle ließ Freiherr von Blomberg 1818 durch den Landbaumeister Wilhelm Tappe (1769-1823) ein Mühlengebäude in Lehmbauweise errichten, dass später vermutlich wegen seiner runden Form als Pottmühle bekannt war. Wilhelm Tappe hatte Ideen von Kuppelbauten aus Lehm entwickelt und konnte einen Prototypen in Niederntalle verwirklichen. Doch die erwarteten „tausend Jahre“, die ein solches Gebäude „stehen kann“, erwiesen sich als völlig utopisch. Nachgewiesen ist die Pottmühle noch im Jahr 1868, als sie von Emil Zeiß gezeichnet wurde. Für das Jahr 1915 ist bereits ein Nachfolgebau im Kataster eingetragen.
Eine dritte Mühle, die Ölmühle, wurde einer überlieferten Inschrift nach im Jahr 1768 von der Witwe Christine Philippine Dorothee Amalie von Blomberg (geborene von Grote) gebaut. Eine Abbildung dieses Mühlengebäudes ist nicht erhalten, nur ein Foto des Mahlwerks beim Abbruch. Jedoch existieren einige Baurechnungen aus denen hervorgeht, dass die Witwe von Blomberg für den Bau der Mühle einschließlich des Richtfestes etwas mehr als 262 Taler aufwenden musste. Nach der Feier der Hausbührung stellte der Krüger Simon Henrich Höver eine Rechnung über etwas mehr als fünf Taler für Bier und Branntwein aus.
Um 1900 ging die Zeit der Niederntaller Mühlen ihrem Ende entgegen. Bereits 1915 war die kuriose alte Pottmühle abgebrochen und ein Nachfolgebau errichtet worden. Auch die Ölmühle war schon längst verfallen und niedergelegt. 1942 wurde sie im Kataster ausgetragen.4 Dagegen verzeichnete die Mittelmühle, eine Schrotmühle, noch um 1950 ein Grundkontingent von über 500 Tonnen. Nahe der abgebrochenen Ölmühle entstand im Bereich des einstigen Mühlenteiches die erste Taller Badeanstalt.
Inschriften
Inschrift über einer Nebentür des Herrenhauses:
IOHAN VON GROTHEN ET GERDRVDT ORDT VON HAGEN PRIMI HVIVS PRAEDII ET AEDIFICII FVNDATORES 1605[5]
Eigentümer*innen, Bewohner*innen
- 1507 (Landschatzregister), um 1515 (Höfeverzeichnis)
Hermann Dubber (der Ältere), amtsfreier Hofbesitzer zu Niederntalle.
Sein Sohn und Anerbe Hermann Dubber (der Jüngere) ist um 1515 Besitzer des Brinkhofs, er wechselt später auf den Hof Niederntalle
- 1535 (Landschatzregister) Henrich Dubber, Sohn des jüngeren Hermann Dubber
∞ I. vor 1534: NN, frei geboren aus dieser Ehe stammt der Anerbe Evert (siehe unten)
∞ II. nach 1534: Anneke NN, Hörige des Reineke de Wend.
Aus der 2. Ehe stammen die Kinder Hermann, Johann, Peter, Gertrud und eine weitere Tochter. Der Sohn Hermann Dubber heiratete 1579 die Witwe Adelheit Sake und übernahm als Oberdubber, wie er bald genannt wurde, den Krughof in Talle. Eine Tochter Henrich Dubbers heiratete Cord Arning und gründete mit ihm die Stätte Talle Nr. 12.
- 1572 (Landschatzregister) Hermann Dubber, genannt Niederdubber, geboren vom „Mittelsten Hof“ in Röntorf, ∞ Anneke, Witwe des Henrich Dubber
- 1599 Hermann Dubber wird abgemeiert
- 1605 Der Anerbe Evert Dubber wird vom Hof abgefunden
Literatur
Margit Lenniger (Hg.), Talle. Das Kirchdorf und seine Nachbarn Niederntalle, Röntorf und Osterhagen, Bielefeld/Norderstedt 2005.
Quellen
Weblinks
Einzelnachweise
Autor*innen
Seitenhistorie
Seite erstellt am 01.06.2024 von Margit Lenniger
Letzte Änderung am: 22.02.2025 von Margit Lenniger