Allee 19 (Detmold): Unterschied zwischen den Versionen
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==Geschichte== | ==Geschichte== | ||
[[Datei:DT-Allee19_OWL_L77A_4534_59_Lageplan.jpeg|thumb|Lageplan der Lederfabrik, 1821, T. Kellner, aus: LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 4534]] | |||
[[Datei:DT-Allee19_NO Budde.jpg|thumb|Allee 19, Ansicht von Nordosten, um 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold]] | [[Datei:DT-Allee19_NO Budde.jpg|thumb|Allee 19, Ansicht von Nordosten, um 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold]] | ||
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[[Datei:DT-Allee19_Budde1926.jpg|thumb|Allee 19, Blick von Südosten auf den Eingang, 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold]] | [[Datei:DT-Allee19_Budde1926.jpg|thumb|Allee 19, Blick von Südosten auf den Eingang, 1926, Sammlung Frank Budde/Detmold]] | ||
Ursprünglich als Waschhaus zum Neuen Palais erbaut.<ref>{{PetersBaugeschichte1953}}, S. 202.</ref> Jacob Müller erwarb das Waschhaus an der Allee 1780 im Konkurs über das hinterlassene Vermögen des Grafen Friedrich Alexander zur Lippe und dessen Erben.<ref>Neustädter Rechnung 1781 und LAV NRW OWL, L 83 E I/7 Nr. 2.</ref> Der Graf hatte 1746 das mit Schulden behaftete Palais geerbt.<ref> | Ursprünglich als Waschhaus zum Neuen Palais erbaut.<ref>{{PetersBaugeschichte1953}}, S. 202.</ref> Jacob Müller erwarb das Waschhaus an der Allee 1780 im Konkurs über das hinterlassene Vermögen des Grafen Friedrich Alexander zur Lippe und dessen Erben.<ref>Neustädter Rechnung 1781 und LAV NRW OWL, L 83 E I/7 Nr. 2.</ref> Der Graf hatte 1746 das mit Schulden behaftete Palais geerbt.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref> | ||
1809 von dem Schutzjuden Joel Herford erworben und als Lederfabrik mit einer Lohmühle am linken Ufer des Knochenbachs ausgebaut. Der Gründung der Herfordschen Lohgerberei kam in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Salomon Joel Herford versuchte die Berufsumschichtung seiner Glaubensgenossen nicht nur durch Einzelmaßnahmen, sondern 1809 auch durch die Gründung eines eigenen, an der Allee gelegenen Betriebes zu fördern. Der Lohgerberei sollte in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zukommen. Er wollte das bei seinen Glaubensgenossen verbreitete Vorurteil ausräumen, man könne durch Handwerke nichts verdienen. Jüdische Lehrlinge sollten hier ebenso wie christliche eine Lehrstelle finden. Die Gerberei stellte eine breite Palette verschiedenster Lederarten im Wert von jährlich 10 000–12 000 Rtlr. her und beschäftigte durchschnittlich 20–24 Arbeiter. Wegen Geruchsbelästigungen drohte in der Folge der Konzessionsverlust. Die Familie Herford hielt indessen so lange wie möglich an der Idee von der Vorbildfunktion des Betriebes fest. Unter seinem Enkel Meier Spanjer Herford setzte der Niedergang ein; 1833 zog er sich schuldenhalber vom Geschäft zurück. 1834 einigten sich Meiers Vater und die Rentkammer auf eine Kaufsumme von 4 700 Tlr | 1809 von dem Schutzjuden Joel Herford erworben und als Lederfabrik mit einer Lohmühle am linken Ufer des Knochenbachs ausgebaut. Der Gründung der Herfordschen Lohgerberei kam in mehrfacher Hinsicht Bedeutung zu: Salomon Joel Herford versuchte die Berufsumschichtung seiner Glaubensgenossen nicht nur durch Einzelmaßnahmen, sondern 1809 auch durch die Gründung eines eigenen, an der Allee gelegenen Betriebes zu fördern. Der Lohgerberei sollte in diesem Zusammenhang eine Vorreiterrolle zukommen. Er wollte das bei seinen Glaubensgenossen verbreitete Vorurteil ausräumen, man könne durch Handwerke nichts verdienen. Jüdische Lehrlinge sollten hier ebenso wie christliche eine Lehrstelle finden. Die Gerberei stellte eine breite Palette verschiedenster Lederarten im Wert von jährlich 10 000–12 000 Rtlr. her und beschäftigte durchschnittlich 20–24 Arbeiter. Wegen Geruchsbelästigungen drohte in der Folge der Konzessionsverlust. Die Familie Herford hielt indessen so lange wie möglich an der Idee von der Vorbildfunktion des Betriebes fest. Unter seinem Enkel Meier Spanjer Herford setzte der Niedergang ein; 1833 zog er sich schuldenhalber vom Geschäft zurück. 1834 einigten sich Meiers Vater und die Rentkammer auf eine Kaufsumme von 4 700 Tlr.<ref>{{HengstHandbuch2013}}, S. 356.</ref> | ||
Seit 1821 wiederholte Beschwerden über Geruchsbelästigung, Unterbringung verschiedenster Einlieger und Unordnung.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362.</ref> 1825 Bau eines (zusätzlichen) neuen Wohnhauses durch Spanier Herford. Auflagen sind Einhaltung der Bauflucht der Allee, steinfarbiger Verputz oder Ölfarbanstrich sowie Fenster aus hellem Spiegelglas. | Seit 1821 wiederholte Beschwerden über Geruchsbelästigung, Unterbringung verschiedenster Einlieger und Unordnung.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4362.</ref> 1825 Bau eines (zusätzlichen) neuen Wohnhauses durch Spanier Herford. Auflagen sind Einhaltung der Bauflucht der Allee, steinfarbiger Verputz oder Ölfarbanstrich sowie Fenster aus hellem Spiegelglas. | ||
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* einem sehr großen Gebäude mit Wasserleitungen, Gruben und Schwitze zu einer Lederfabrik eingerichtet, welches sich aber zu jeder anderen Fabrik einrichten ließe.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363, fol. 5.</ref> | * einem sehr großen Gebäude mit Wasserleitungen, Gruben und Schwitze zu einer Lederfabrik eingerichtet, welches sich aber zu jeder anderen Fabrik einrichten ließe.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4363, fol. 5.</ref> | ||
1836 mietete die Militärverwaltung die Gebäude zur Unterbringung von Rekruten. 1837 Verkauf an den Kammerregistrator Tegeler, Abbruch der Bauten bis auf das neue Wohnhaus von 1825.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4364.</ref> | 1836 mietete die Militärverwaltung die Gebäude zur Unterbringung von Rekruten. 1837 Verkauf an den Kammerregistrator [https://lippelex.de/index.php?title=Tegeler,_Wilhelm_(1793-1864) Wilhelm Tegeler], Abbruch der Bauten bis auf das neue Wohnhaus von 1825.<ref>LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 4364.</ref> | ||
==Gebäude== | ==Gebäude== | ||
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==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ==Eigentümer*innen, Bewohner*innen== | ||
1781 Jacob Müller<ref> | 1781 Jacob Müller<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref> | ||
1809 Salomon Joel Herford, Schutzjude (* 1752, † 21.9.1816)<ref>Zu Salomon Joel Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.</ref> | 1809 Salomon Joel Herford, Schutzjude (* 1752, † 21.9.1816)<ref>Zu Salomon Joel Herford siehe LAV NRW OWL, L 77 A Nr. 5385.</ref> | ||
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Sergeant Brand nebst Frau und 3 Kinder; Tambour Heisenberg nebst Frau und 6 Kinder; David Berg nebst Frau und 6 Kinder; Witwe Joseph Wolf nebst 2 Kinder; Tagelöhner Knaup nebst Frau; sowie 3 Gesellen und 3 Lehrlinge.<ref>L 92 A Nr. 4362, fol. 13.</ref> | Sergeant Brand nebst Frau und 3 Kinder; Tambour Heisenberg nebst Frau und 6 Kinder; David Berg nebst Frau und 6 Kinder; Witwe Joseph Wolf nebst 2 Kinder; Tagelöhner Knaup nebst Frau; sowie 3 Gesellen und 3 Lehrlinge.<ref>L 92 A Nr. 4362, fol. 13.</ref> | ||
1835 Rentkammer | 1835 Rentkammer.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref> | ||
1836 vermietet an die Militärverwaltung zur Unterbringung von Rekruten | 1836 vermietet an die Militärverwaltung zur Unterbringung von Rekruten. | ||
1837 [Wilhelm] Tegeler, Kammerregistrator (1793–1864)<ref>Zu Tegeler siehe LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1081; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 189; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1348.</ref> | 1837 [Wilhelm] Tegeler, Kammerregistrator (1793–1864)<ref>Zu Tegeler siehe LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1081; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 189; LAV NRW OWL, L 92 A Nr. 1348.</ref> | ||
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1863 bewohnte der Rechtsanwalt und Auditor Dr. W[ilhelm]. Stein die obere Etage im Haus des Registrators Tegeler an der Allee, C 135. <ref>Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (25.7.1863) Nr. 30 sowie die beiden folgenden Ausgaben.</ref> | 1863 bewohnte der Rechtsanwalt und Auditor Dr. W[ilhelm]. Stein die obere Etage im Haus des Registrators Tegeler an der Allee, C 135. <ref>Fürstlich-Lippisches Regierungs- und Anzeigeblatt (25.7.1863) Nr. 30 sowie die beiden folgenden Ausgaben.</ref> | ||
18.11.1864 † Wilhelm Tegeler, 6.4.1871 Tod der Witwe Dorothee Tegeler | 18.11.1864 † Wilhelm Tegeler, 6.4.1871 Tod der Witwe Dorothee Tegeler. | ||
1871 (Adressbuch) Schlüter, Geh. Rats-Witwe | 1871 (Adressbuch) Schlüter, Geh. Rats-Witwe. | ||
1878 Jäntzen, Particulier<ref> | 1878 Jäntzen, Particulier.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref> | ||
1878 Gottlieb Thun, Pastor<ref> | 1878 Gottlieb Thun, Pastor.<ref>StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch.</ref> | ||
1884 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe | 1884 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe. | ||
17.6.1887 Gottfried Thun als neuer Eigentümer im Grundbuch; im Adressbuch J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe | 17.6.1887 Gottfried Thun als neuer Eigentümer im Grundbuch; im Adressbuch J. A. G. Thun, Pastor emer.; Elsa Thun, Witwe. | ||
1891 (Adressbuch) Thun, Pastor em.; Thun, Witwe | 1891 (Adressbuch) Thun, Pastor em.; Thun, Witwe. | ||
1894 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Cäcilie Thun, Frl.; A. Thun, Frl. | 1894 (Adressbuch) J. A. G. Thun, Pastor emer.; Cäcilie Thun, Frl.; A. Thun, Frl. | ||
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1897 (Adressbuch) Joh. A. G. Thun, Pastor emer.; Anna Thun, Frl. | 1897 (Adressbuch) Joh. A. G. Thun, Pastor emer.; Anna Thun, Frl. | ||
1901 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Hermann Springorum, Rentner | 1901 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Hermann Springorum, Rentner. | ||
1904 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Anna Schnittger, Witwe, Rentnerin | 1904 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe (Pastor); Anna Schnittger, Witwe, Rentnerin. | ||
1909 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Kluck, Hauptm.-Witwe; Schnittger, Rentnerin | 1909 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Kluck, Hauptm.-Witwe; Schnittger, Rentnerin. | ||
1912 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Friedlaender, Oberstabsarzt a. D.; Schnittger, Rentnerin | 1912 (Adressbuch) Thun, Pastorswitwe; Friedlaender, Oberstabsarzt a. D.; Schnittger, Rentnerin. | ||
1914 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe; Anna Charlotte Schnittger, Rentnerin | 1914 (Adressbuch) Clara Thun, Witwe; Anna Charlotte Schnittger, Rentnerin. | ||
13.11.1915 neue Eigentümer: Anna Friedländer geb. Thun, Ehefrau des Oberstabsarztes Friedländer in Berlin, und Frau Cäcilie Kottmeier geb. Thun, Ehefrau des Pfarrers Kottmeier in Plötzensee (Grundbuch Detmold, Bd. XVI, Blatt 753). | 13.11.1915 neue Eigentümer: Anna Friedländer geb. Thun, Ehefrau des Oberstabsarztes Friedländer in Berlin, und Frau Cäcilie Kottmeier geb. Thun, Ehefrau des Pfarrers Kottmeier in Plötzensee (Grundbuch Detmold, Bd. XVI, Blatt 753). | ||
1916 (Adressbuch) Bruno Kolscher, Fachschuldirektor | 1916 (Adressbuch) Bruno Kolscher, Fachschuldirektor. | ||
1918 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe | 1918 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe. | ||
1920 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe | 1920 (Adressbuch) Eigentümer: Thun'sche Erben; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe. | ||
1923 (Adressbuch) Eigentümerin: Anna Thun; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe; Luhmann geb. Schröder, Witwe | 1923 (Adressbuch) Eigentümerin: Anna Thun; Bewohner*innen: Dr. med. Hans Thun, Oberstabsarzt a. D.; Ida Rötteken, Forstmeisters-Witwe; Luhmann geb. Schröder, Witwe. | ||
1925 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Prof. Dr. Joachim Remme; Erich Meinhardt, Schriftleiter | 1925 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Prof. Dr. Joachim Remme; Erich Meinhardt, Schriftleiter. | ||
1926 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Alfred Zernecke, Oberstudiendirektor a. D. | 1926 (Adressbuch) Dr. med. Hans Thun, Generaloberarzt a. D.; Alfred Zernecke, Oberstudiendirektor a. D. | ||
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LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1348: Pension für Witwe Kammer-Registrator Tegeler, 1865–1871 | LAV NRW OWL, L 92 A / Lippische Rentkammer - Allgemeine Kammersachen, Nr. 1348: Pension für Witwe Kammer-Registrator Tegeler, 1865–1871 | ||
StadtA DT, DT Manuskripte Nr. 19: Ingeborg Kittel (Bearb.), Detmolder Häuserbuch. | |||
==Weblinks== | ==Weblinks== | ||