Am Krugplatz 5 (Heiligenkirchen)

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Vogtei, ehemals Heiligenkirchen Nr. 49.

Baugeschichte

1681 zog der Vogt des Amtes Falkenberg, Alexander Meyer, von Berlebeck nach Heiligenkirchen. Damals erwarb er das Haus des Pastors Winand, das dieser ihm aus Not verkaufte. Außerdem erhielt er vom Grafenhaus ein Schankprivileg, obwohl es schon einen Krug im Nachbarhaus gab - siehe Am Krugplatz 3 (Heiligenkirchen). Meyer war außerdem gräflicher Mundkoch. Sein Amtsvorgänger und Vater, Simon Meyer, hatte 1652 den Gröpperkrug in Heiligenkirchen erhalten (Wendt 1965, S. 253). 1689 erbaute er mit seiner Frau neben dem Winand'schen Haus ein Altenteil (Abbruch 1947). 1696 ließen die beiden dann das später so genannte "Wendt'sche Haus", heute CulturCafé, von Zimmermeister Hans Plas errichten. Die Inschrift auf dem Torbogen lautet: „DIESES HAT BAWEN LASSEN ALEXANDER MEYER V S H K VND ANNA CATHARINA BARCKHAVSEN. ALL MEIN THVN VND ANFANG STEHET ALLEIN IN GOTTES HAND. M. HANS PLAS H.G.B ANNO 1696“. Das war zu einer Zeit, als sich die Grafschaft Lippe noch nicht von den Folgen des Dreißigjährigen Krieges erholt hatte.

Die Kirchenbucheinträge geben folgende Informationen: Alexander Meyer, reformiert, Vogt in Heiligenkirchen, geboren 1660 in Heiligenkirchen, gestorben 1. 7.1705 in Heiligenkirchen, begraben am 1.7.1705 in Heiligenkirchen, war verheiratet am 15.10.1688 in Heiligenkirchen mit Anna Catharina Barkhausen, reformiert, geboren 10.1663 in Horn, gestorben 13.11.1728 in Schlangen, begraben 13.11.1728 in Schlangen. Den Neubau setzte er T-förmig vor den erworbenen Altbau, einen Fachwerkbau, der im 19. Jahrhundert durch den noch bestehenden Bruchsteinbau ersetzt wurde (Stiewe, Pfarrhäuser, S. 256). Zu dem Haus gehörten mehrere Nebengebäude: eine Scheune, ein Backhaus, Brennerei und Brauerei sowie ein Schweinehaus.

Sein Nachfolger Clebe wurde zu 50 Talern Strafe verurteilt, weil er eine Magd misshandelt hatte. 1724 wurde er, trotz seiner 17 Kinder entlassen, weil er amtliche Gelder unterschlagen hatte.

Zwischen 1732 und 1762 taucht sein Sohn, der Amtsvogt Meier (Meyer), mehrfach in den Akten des Lippischen Kriminalgerichts auf: 1732 verklagte er den Detmolder Moses Jacob wegen falscher Angaben, 1750 ging er gegen Rolf auf dem Hahnberg wegen Beleidigung vor. 1762 hatte Pastor Jenin in Heiligenkirchen dem Amtsvogt Meier eine Kuh gepfändet. 1757 setzten ihn die Franzosen für einige Tage fest, am 17. Juli 1760 ist er gestorben.

1802 erwarb der Kaufmann Wendt das Anwesen, der hier unter anderem Kaffee ausschenkte, der aber nur von privilegierten Personen getrunken werden durfte (Landesverordnungen, allgemeines Kaffeetrinkverbot erst 1814 von Fürstin Pauline aufgehoben). 1860 erfolgte die Verlegung des Kruges aus dem Wendt'schen Haus in den neu erbauten Falkenberger Hof, siehe Am Krugplatz 14 (Heiligenkirchen) und Denkmalstraße 11 (Heiligenkirchen).

Wie Heinrich Stiewe 2008 schreibt, bemühte sich seit 1927 der lippische Landeskonservator Karl Vollpracht um das verfallende Anwesen, doch waren die Besitzer trotz angebotener Zuschüsse nicht zum Erhalt bereit. 1937 plante die Gemeinde Heiligenkirchen, die eine Anerkennung als "nationalsozialistisches Musterdorf" anstrebte, den Erwerb, seit 1938 sogar die Enteignung des Hofes, um ihn zu einem Dorfmittelpunkt mit neuem Dorfgemeinschaftshaus an der Denkmalstraße und Hitlerjugendheim im Haus Wendt mit Verbindungsgang zur Leibzucht und Appellplatz umzugestalten. Die Pläne dazu hatte der Reg.-Baureferendar Helffried Prollius [Dr.-Ing., 07.11.1912–09.05.2011, Nachlass im Landesarchiv Detmold] 1939 gezeichnet. Die Enteignung zog sich indes bis 1948 hin. Das Vierständer-Leibzuchthaus von 1689 war im Vorjahr abgebrochen worden. 1948 erfolgte der Ausbau des Wendt'schen Hauses zum Rathaus der Gemeinde Heiligenkirchen. Gleichzeitig gab es Veränderungen am Hinterhaus (Fenster, Verputz).

Im 20. Jahrhundert erlebte Heiligenkirchen wie die anderen Dörfer auch einen erheblichen Strukturwandel. Eine Folge davon ist der 1960 angelegten Park für den "Luftkurort Heiligenkirchen". Ihm mussten einige landwirtschaftliche Gebäude weichen – auch die Nebengebäude des Vogtes Meyer. 1962 nutzte der Elektromeister Reinhard Giebe das Vorderhaus, bis er Am Krugplatz 12 neu baute. Anschließend Fotostudio Hans-Joachim Spandau.

Kurz vor der kommunalen Neuordnung (1.1.1970) übertrug die Gemeinde das Niesbrauchrecht dem Heimat- und Verkehrsverein, der 1949 als Verkehrsverein wiedergegründet worden war. 1998 erfolgte nach Auszug der Gewerbenutzung im Vorderhaus die Umnutzung zum CulturCafé des Heimatvereins, im Obergeschoss Vortragssaal und Archiv.

1986 in die Denkmalliste eingetragen.

Baubeschreibung

Vorderhaus Querdeelenhaus mit steilem Walmdach T-förmig vor einem Bruchstein-Hinterhaus. Die hervorgehobene Stellung des Amtsvogtes äußert sich schon in der traufseitigen Erschließung und der Stockwerksbauweise, bei der das Obergeschoss dreiseitig vorkragt. Das Deelenniveau wurde bei Umbauten zweimal erhöht und das Tor mit Fachwerk und einer Tür zugesetzt, 1948 in eine zweiflügelige Tür und Treppenanlage geändert. Innere Treppen zu den beiden seitlichen Stuben dabei zuerst verkürzt, dann entfernt, so dass im Erdgeschoss ein durchgehend gleiches Fußbodenniveau im Vorderhaus besteht.

Die Rückwand zum Hinterhaus schon ursprünglich im Deelenbereich massiv. Durchgang unter einem gemauerten Stichbogen zwischen zwei besteigbaren Schornsteinen. Die linke (westliche) Stube mit Bemalungsrest zwischen den Deckenbalken des 3. Fachs. Doppelt gerahmtes Feld. Unter beiden Stuben Balkenkeller. Reiche Durchfensterung, jedoch die ursprüngliche Bleiverglasung ersetzt.

Das zweigeschossige Hinterhaus aus Bruchstein mit Satteldach ersetzt das Fachwerkgebäude, welches 1681 von Pastor Winandt an Alexander Meyer überging, seit etwa 1850.

Die 1689 daneben erbaute Leibzucht wurde 1947 abgebrochen. Es war ein Vierständer-Längsdeelenhaus mit Satteldach. Die Inschrift auf dem Torbogen lautete: "[DIS HA]VS HABEN LASSEN BAWEN . H. ALEXAND[ER MEIER] / [VND] ANNA CATHRINA BARCKHAVSEN . ALL MEI[N TVN VND] / ANFANG STEHT ALLEIN IN GOTTES HAND . SOLI [DEO GLORIA] / ANNO 1689 M.H.P.H.G.B." Ein stattliches Bauernhaus zum Brauen und Brennen (Wendt 1965, S. 254). 2021 wurde der Torbogen im Vorfeld von Bauarbeiten wiederentdeckt.

Eigentümer*innen, Bewohner*innen

bis 1681: Pastor Joachim Winand

1681–1705: Amtsvogt Alexander Meyer, bis 1688 verh. mit Anna Dorothea Henckel, dann 15.10.1688 oo Anna Catharina Barckhauß [Barckhausen]

1705–1728: Witwe Meyer (Anna Catharina Barckhausen), verh. Schönlau

1725 klagte der Vogt Clebe, "das ihn nun zum 3ten mahl vor seinen Hausß der Filler [Abdecker] und zwarn an offentlicher Straße an welchen der Brunnen gelegen, so die Unterthanen sowohl alß er täglich gebrauchen müßen das todie Vich abgezogen, und die Hunde die Knochen davon in den Brunnen weniges nicht als auch solche in seinen Hoff getragen." (Zit. nach ANNETTE HENNIGS, Gesellschaft und Mobilität. Unterwegs in der Grafschaft Lippe 1680–1820 (Sonderveröffentlichungen des Naturwissenschaftlichen und Historischen Vereins für das Land Lippe; 66), Bielefeld, Gütersloh 2002, S. 103.)

1728–1760: Sohn Friedrich Christoph Meyer, Amtsvogt

1761, 1762, 1775 Salzinspektor Schen(c)k in Salzuflen (Schwiegersohn der Witwe von Fr. Chr. Meyer).

1802 Kauf durch Kaufmann Gustav Wendt (Bewohner:innen 1828 lt. Volkszählung: S. 6 Krugplatz 5)

1828 Volkszählung: 4 Wohnhäuser, 4 Haushalte: Gastwirth [Gustav] Wendt mit Frau, 4 Söhne (davon 3 minderjährig), 2 Töchter, 1 weiblicher Dienstbote; Einlieger Jürgens mit Frau sowie Einlieger Raabe mit Frau, Sohn und Tochter, 1 männlicher Dienstbote, 1 Junge und 1 Mädchen unter 14; Einlieger Klöpping mit Frau, Sohn und Tochter, beide minderjährig; Einlieger Weber mit Frau, Sohn und Tochter. Kirchenbuch 1832: Johann Simon Henrich Weber, Tochter Caroline (geb. Lippspringe 14.5.1814, wo die Eltern einige Zeit als Krugpächter wohnten, aber wieder nach Heiligenkirchen zogen, † 4.10.1877) oo 3.3.1833 Einlieger Warweg aus Fromhausen.

1832: Gustav Wendt (geb. 2.12.1805), ehel. Sohn des Gastwirts Wendt in Heiligenkirchen oo 29.7.1832 Sophie Cath. Wilhelmine Kellner, ehel. Tochter des Pächters Kellner zu Imbsen im Hanbnoverschen unweit Göttingen (siehe auch Taufregister 1840, Nr. 36/37).

1837: Charlotte Auguste Wendt (geb. 18.11.1807), Tochter des Gasthofbesitzers Heinrich Carl Wendt, oo 4.6.1837 Johann Heinrich Eduard Lohmeyer, doctor medicinae et chirurgiae, prakt. Arzt zu Raudten unweit Breslau, dritter Sohn des weiland Johann Christian Lohmeyer, Pastor zu Engern.

1840 wanderte Gustav Wendt in die USA aus (<www.lippe-auswanderer.de/>).

1840 ist Heinrich Adolph Christian Niemann Krugpächter in Heiligenkirchen, ehel. Sohn des Mühlenpächters Johann Heinrich Christoph N. in Lage, oo 23.2.1840 Caroline Wilhelmine Hanke

1869 ist Nr. 25 Meyersches Gut modo Wendt, Wohnhaus und Krughaus, unter die Erben geteilt: 1) Aug. Wendt ½ Hofraum und Krughaus; Priester Wilhelm Wendt zu Kirchdonop und die Witwe Dr. Charlotte Lohmeier geb. Wendt ½ Hofraum und Wohnhaus, aus denen die neue Hausstätte 49 gebildet ist (Salbuch 1854).

1871 durch Kauf an Wilh. Wendt Pastor in Kirchdonop.

1886 von Pastor Hermann Wendt und dessen Miteigentümern Anna und Ida Wendt, beide zu Donop, sowie dem Uhrmacher Georg Wendt zu Lage umgeschrieben (Salbuch 1854).

1894 (Brandkataster) Hermann Wendt, Auguste und Frl. Ida Wendt.

1901 (Adressbuch): Uhrmacher Georg Wendt; Tagelöhner Theodor Bartels; Schneidermeister August Büker.

1919 (Volkszählung): Ida Wendt (*20.5.1853, ledig).

1926 (Adressbuch): Ida Wendt.

Literatur

Das Haus Wendt in Heiligenkirchen, in: Mein Heimatland Lippe - 1. Folge Dez. 1926 Meyer'sche Hofbuchhandlung, Detmold 1926 (mit einer Illustration von Ernst Roetteken

Michael Sprenger, Geschichte des Hauses Am Krugplatz 5 in Heiligenkirchen, in: Heimatland Lippe 91 (1998), S. 43-47

Heinrich Stiewe, Der letzte lippische Landeskonservator. Zum 50. Todestag von Karl Vollpracht (1876-1957), in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe 14 (2008), Heft 1, S. 4-11

Roland Linde, Von Heiligenkirchen nach Paderborn. Postmeister Conrad Bernhard Meyer (1692-1761) und sein familiärer Hintergrund, in: Kommunalarchiv und Regionalgeschichte. Rolf-Dietrich Müller zum 65. Geburtstag, hg. von Andreas Gaidt u. Wilhelm Grabe, Paderborn 2015, S. 187-198

Joachim Kleinmanns u. Günter Zahn, Heiligenkirchen Am Krugplatz 5. Ein Haus und seine Geschichte, hg. vom Heimatverein Heiligenkirchen, Detmold 2021

Quellen

L 92 T 1 / Lippische Rentkammer - Kolonate, Nr. 382: Krug zu Heiligenkirchen (Casper Krug) mit Schmiede sowie Besitzungen des Amtsvogts Theodor Adolph Clebe, später Amtsvogt Meyer, Pastor Winand zu Haustenbeck, Meyersche Erben (Meyer zu Wantrup), Wend u.a., Heiligenkirchen Nr. 27 (gestrichen: und 26), Laufzeit (1630, 1681-1695) 1716-1730, 1770-1846, enthält u.a. Kruggerechtigkeit von 1681 (Abschrift); kolorierte Lageskizze der Grundstücke, gezeichnet Heimburg 1772; Anmerkungen und Gutachten des Archivrats Knoch; - L 83 A / Lippische Justizkanzlei, Prozesse bis 1800, Nr. 4 M 92: Meyer, Simon Otto gegen Kaspar Gröpper, Krüger zu Heiligenkirchen, Laufzeit 1672.

Weblinks