Bad Meinberger Straße 158 (Oberschönhagen): Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
 
(12 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt)
Zeile 10: Zeile 10:
}}
}}
==Geschichte==
==Geschichte==
Das Fachwerkhaus auf dem Grundstück in Oberschönhagen, Bad Meinberger Strasse 158, hat eine abwechslungsreiche Geschichte erlebt. Bis zur Eingemeindung in die Stadt Detmold im Jahr 1970 hatte das Grundstück die Bezeichnung Oberschönhagen Nr. 35.
Erstmals erwähnt wurde das Fachwerkhaus im Jahr 1721 im Amtlichen Messbuch (Kataster- bzw. Vermes- sungsbuch) der Stadt Detmold und im „renovierten Kataster“ unter Angabe der Haus- und Gartennutzung und der Haustiere.
 
Erstmals erwähnt wurde es im Jahr 1721 im Amtlichen Messbuch (Kataster- bzw. Vermes- sungsbuch) der Stadt Detmold und im „renovierten Kataster“ unter Angabe der Haus- und Gartennutzung und der Haustiere.


Als erster Eigentümer und Nutzer war damals ein Colon Johann Müsse angegeben.
Als erster Eigentümer und Nutzer war damals ein Colon Johann Müsse angegeben.
Zeile 18: Zeile 16:
Zur Festlegung der Höhe der Abgaben an das Fürstenhaus Lippe wurden auch die Grundstücks-Gesamtgröße, Nutzungsart der Einzelflächen und die vorhanden Tiere wie z.B. Kühe, Schweine, Ziegen, Hühner usw. darin aufgeführt.
Zur Festlegung der Höhe der Abgaben an das Fürstenhaus Lippe wurden auch die Grundstücks-Gesamtgröße, Nutzungsart der Einzelflächen und die vorhanden Tiere wie z.B. Kühe, Schweine, Ziegen, Hühner usw. darin aufgeführt.


Erbaut wurde das Haus auf einer zum damaligen Hof Vietmeier („auf dem „Berg“)  gehörenden Erbpachtfläche von 639 qm. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden das Haus und der  Garten schließlich von einem Herrn Ludwig Müsse gekauft und weiter genutzt.
Erbaut wurde das Haus auf einer zum damaligen Hof Vietmeier („auf dem „Berg“)  gehörenden Erbpachtfläche von 639 qm. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden das Haus und der  Garten schließlich von Herrn Ludwig Müsse gekauft und weiter genutzt.
Der Garten (jetzige Wiese) wurde schliesslich um ca. 1820 dazu gepachtet, ebenfalls vom Hof Vietmeier bis 1967, danach bis 1974 von der Landwirt-Familie Meierjohann von nebenan (Bad Meinberger Str. 160). Danach war eine Gartennutzung nicht mehr gewünscht/erforderlich, weil das Haus vo 1974 bis 1990 leer stand; seither ist es wieder bewohnt.
Der Garten (jetzige Wiese) wurde schliesslich um ca. 1820 dazu gepachtet, ebenfalls vom Hof Vietmeier bis 1967, danach bis 1974 von der Landwirt-Familie Meierjohann von nebenan (Bad Meinberger Str. 160). Danach war eine Gartennutzung nicht mehr gewünscht/erforderlich, weil das Haus von 1974 bis 1990 leer stand; seither ist es wieder bewohnt.


==Gebäude==
==Gebäude==
Das Fachwerkhaus wurde in traditioneller Zimmermannstechnik nach überlieferten Techniken als Vierständerhaus aus Eichenbalken gebaut. Der östliche Anbau mit dem flacheren Dach entstand ca. 1850, weil das Haus zu der Zeit von einer größeren Mehrgenerationen-Familie Müsse bewohnt wurde.
[[Datei: Bad Meinberger Straße 158 1937.jpg|thumb|Bad Meinberger Straße 158, 1937, Foto:  Privatbesitz]]
[[Datei: Bad Meinberger Straße 158 NW.jpg|thumb|Bad Meinberger Straße 158, 1979 Foto:  Wilfried Funke]]
[[Datei: Bad Meinberger Straße 158 SO.jpg|thumb|Bad Meinberger Straße 158, 1979 Foto:  Wilfried Funke]]
Das Fachwerkhaus wurde in traditioneller Zimmermannstechnik nach überlieferten Techniken als Vierständerhaus aus Eichenbalken gebaut. Der östliche Anbau mit dem flacheren Dach entstand ca. 1850, weil das Haus zu der Zeit von der größeren Mehrgenerationen-Familie Müsse bewohnt wurde.


Alle Fundamente sind aus dicken Sandsteinen vermauert, teilweise nur trocken im Erdreich versetzt.
Alle Fundamente sind aus dicken Sandsteinen vermauert, teilweise nur trocken im Erdreich versetzt.
Das schmale Tor erklärt, dass Landwirtschaft eine untergeordnete Rolle spielte, sondern es ein Ziegler- und Tagelöhner-Haus – auch Leibzucht genannt - war.
Das schmale Tor erklärt, dass Landwirtschaft eine untergeordnete Rolle spielte, sondern es ein Ziegler- und Tagelöhner-Haus war.


Dendrologische Untersuchungen im Jahr 2005 ergaben bei einigen Hölzern des Dachstuhls anhand des Abstandes und der Breiten der Jahresringe: die Bäume wurden im Winter 1731/32 gefällt.
Dendrologische Untersuchungen im Jahr 2005 ergaben bei einigen Hölzern des Dachstuhls anhand des Abstandes und der Breiten der Jahresringe: die Bäume wurden im Winter 1721/22 gefällt.
Einige der verwendeten Hölzer waren in einem Vorgängerbau verarbeitet gewesen, was an den Schlagzeichen der Zimmerleute und Löchern der Holznägel erkennbar ist, denn diese passen dort nicht zu den anderen eingebauten Hölzern.
Einige der verwendeten Hölzer waren in einem Vorgängerbau verarbeitet gewesen, was an den Schlagzeichen der Zimmerleute und Löchern der Holznägel erkennbar ist, denn diese passen dort nicht zu den anderen eingebauten Hölzern.


Zeile 33: Zeile 34:
An der Südwestecke des Hauses ist die zugemauerte Tür des ehemaligen Kuh- und späteren Ziegenstalles noch sichtbar.
An der Südwestecke des Hauses ist die zugemauerte Tür des ehemaligen Kuh- und späteren Ziegenstalles noch sichtbar.


Der Deelenfussboden war bis ca. 1955 aus Lehm, danach aus Klinkerplatten auf einer Stahlbetonsohle – was heute noch vorhanden ist.
Der Deelenfussboden war bis ca. 1955 aus Lehm, danach und bis heute aus Klinkerplatten auf einer Stahlbetonsohle.
Die Deelendecke besteht aus Eichenholzbalken und darauf liegenden Eichenbohlen mit einer damaligen Öffnung bis zum Jahr 1978 zum Stroh- und Heutransport auf den Dachboden.
Die Deelendecke besteht aus Eichenholzbalken und darauf liegenden Eichenbohlen mit einer damaligen Öffnung bis zum Jahr 1978 zum Stroh- und Heutransport auf den Dachboden.


Zeile 44: Zeile 45:


==Inschriften==
==Inschriften==
Es sind leider keine Inschriften am Gebäude vorhanden.
Es sind keine Inschriften am Gebäude vorhanden; nur Meisselzeichen an den Holzverbindungen.


==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
* 1901<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Wilhelm Starke, Ziegler; Ludwig Müsse, Invalide
* 1721<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Johann Müsse, Ziegler und Colon
* 1926<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Caroline Starke, Witwe; Fritz Funke, Arbeiter
* 1850<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Ludwig Müsse, Ziegler und Colon
* 1893<ref>{{LippeAdressbuch1901}}</ref> Wilhelm Starke, Ziegler; Ludwig Müsse, Invalide
* 1936<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Caroline Starke, Witwe; Friedrich Funke, Ziegler
* 1950<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Walter Funke, Arbeiter; Friedrich Funke, Rentner
* 1961<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Erna Funke, Witwe
* 1972<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Wilfried Funke, Architekt BDA
* 1977<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Marie Louisa Funke, med. techn. Assistentin
* 2023<ref>{{LippeAdressbuch1926}}</ref> Marie Louisa; Wilfried Funke,


Von 1721 bis 1893 erscheint in den Steuer- und Katasterbüchern (-regesten) immer der Name Müsse.
Von 1721 bis 1893 erscheint in den Steuer- und Katasterbüchern (-regesten) immer der Name Müsse.
Zeile 54: Zeile 62:
Am 24. Februar 1893 verkaufte der Ziegler und Kolon, der Witwer Ludwig Müsse, geb. 1834, Haus und Grund an seinen Schwiegersohn, den Ziegler Wilhelm Starke aus Lüerdissen, der etliche Jahre zuvor dessen Tochter Karoline Wilhelmine Müsse geheiratet hatte. Ludwig Müsse bekam ein Wohnrecht und die Nutzung einiger Räume und Möbel zuerkannt.
Am 24. Februar 1893 verkaufte der Ziegler und Kolon, der Witwer Ludwig Müsse, geb. 1834, Haus und Grund an seinen Schwiegersohn, den Ziegler Wilhelm Starke aus Lüerdissen, der etliche Jahre zuvor dessen Tochter Karoline Wilhelmine Müsse geheiratet hatte. Ludwig Müsse bekam ein Wohnrecht und die Nutzung einiger Räume und Möbel zuerkannt.


Anmerkung zu K(C)olon:
Im März 1936 erfolgte dann die Übertragung an den Ziegler Friedrich Funke aus Jerxen Orbke und Minna Starke (Tochter von Wilhelm und Caroline Starke), die bereits 1906 geheiratet hatten (Grosseltern des Autors Wilfried Funke).  
Als Kolon – lateinisch colonus – bezeichnete man zunächst die Ackerbauern, später die Kleinpächter auf Grossgrundbesitz. Die Regelung galt ab dem 18. Jahrh. Durch Erbpacht- verträge zwischen Gutsherrn bzw. Landwirt und Kolon mit dessen Abgabenverpflichtung.
Die sog. Bauernbefreiung zwischen 1810 und 1850 sorgte für eine Änderung, denn danach ging Grund und Boden in das Eigentum des Kolon über.
 
Im Original-Kaufvertrag vom 24. Febrar 1893 wurde Kolon mit „C“ geschrieben – heute bezeichnet das den „mittleren Abschnitt des Dickdarms der Säugetiere usw.“
Im März 1936 erfolgte dann die Übertragung an den Ziegler Friedrich Funke aus Jerxen Orbke und die Tochter Minna Starke, die bereits 1906 geheiratet hatten (Grosseltern des Autors Wilfried Funke).  


Im Mai 1950 wurde Haus, Grundstück und das gesamte Vieh auf den Sohn Walter Funke (Vater des Autors) übertragen.
Im Mai 1950 wurde Haus, Grundstück und das gesamte Vieh auf den Sohn Walter Funke (Vater des Autors) übertragen.


Nach dem zu frühen ableben von Walter Funke wurde alles in 1961 zunächst an die Mutter und 1972 an den Autor Wilfried Funke überschrieben.
Nach dem Tod von Walter Funke 1961 wurde alles an die Mutter und 1972 an den Autor Wilfried Funke überschrieben.


==Literatur==
==Literatur==
115

Bearbeitungen

Navigationsmenü