Kirchweg 16 (Heiligenkirchen): Unterschied zwischen den Versionen

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==Baugeschichte==
==Geschichte==


Vor dem Kirchhof wurden, nachdem aus der Eigenkirche eine Pfarrkirche geworden war, ein Pfarrhaus und ein Küsterhaus erbaut. Die Umwandlung der Eigenkirchen in Pfarrkirchen ist im Zusammenhang mit dem Aufgeben der Eigenbewirtschaftung der Villikationen im 12./13. Jahrhundert erfolgt. Die Höfe arbeiteten nun eigenverantwortlich, mussten jedoch Abgaben und Frondienste an den Grundherrn leisten.
Vor dem Kirchhof wurden, nachdem aus der Eigenkirche eine Pfarrkirche geworden war, ein Pfarrhaus und ein Küsterhaus erbaut. Die Umwandlung der Eigenkirchen in Pfarrkirchen ist im Zusammenhang mit dem Aufgeben der Eigenbewirtschaftung der Villikationen im 12./13. Jahrhundert erfolgt. Die Höfe arbeiteten nun eigenverantwortlich, mussten jedoch Abgaben und Frondienste an den Grundherrn leisten.
Dem Pastor zu Heiligenkirchen waren vor allem die Heiligenkirchener Kolonate abgaben- und dienstpflichtig, aber auch andere. Der Hof Kulemann in Schmedissen gab 2 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Hafer, wie das Salbuch der Vogtei Detmold von etwa 1614 und 1617 vermerkt. <ref> Herbert Stöwer und Fritz Verdenhalven, Salbücher der Grafschaft Lippe von 1614 bis etwa 1620. Münster/Westf. 1969, S. 18 u. 39 </ref> Das Salbuch der Vogtei Falkenberg von etwa 1617 nennt drei weitere Einnahmequellen des Heiligenkirchener Pastorats: Von Eick Tonieß in Fromhausen erhielt er 1 Scheffel Gerste und 5 Scheffel Hafer, von Bartholdt Alueke [Albeke] 6 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer sowie von Bartholdt Giebe 5 Groschen. <ref>Stöwer/Verdenhalven 1969, S. 47 f.</ref> Alle dieses Höfe waren Eigentum des Grafenhauses, das mit diesen Abgabeverpflichtungen das Pastorat alimentierte. Natürlich hatten auch die Heiligenkirchener das Pastorat mit Abgaben und Diensten zu unterstützen.
Dem Pastor zu Heiligenkirchen waren vor allem die Heiligenkirchener Kolonate abgaben- und dienstpflichtig, aber auch andere. Der Hof Kulemann in Schmedissen gab 2 Scheffel Gerste und 4 Scheffel Hafer, wie das Salbuch der Vogtei Detmold von etwa 1614 und 1617 vermerkt. <ref> Herbert Stöwer und Fritz Verdenhalven, Salbücher der Grafschaft Lippe von 1614 bis etwa 1620. Münster/Westf. 1969, S. 18 u. 39 </ref> Das Salbuch der Vogtei Falkenberg von etwa 1617 nennt drei weitere Einnahmequellen des Heiligenkirchener Pastorats: Von Eick Tonieß in Fromhausen erhielt er 1 Scheffel Gerste und 5 Scheffel Hafer, von Bartholdt Alueke [Albeke] 6 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer sowie von Bartholdt Giebe 5 Groschen. <ref>Stöwer/Verdenhalven 1969, S. 47 f.</ref> Alle dieses Höfe waren Eigentum des Grafenhauses, das mit diesen Abgabeverpflichtungen das Pastorat alimentierte. Natürlich hatten auch die Heiligenkirchener das Pastorat mit Abgaben und Diensten zu unterstützen.


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===Pfarrhaus II (1634)===
===Pfarrhaus II (1634)===
[[Datei:HV_154-1r.jpg|thumb|Links das Pfarrhaus II des 17. Jh., Skizze von Ludwig Menke, 1853, LLB: HV 15,4-1r.]]
[[Datei:HV_154-1r.jpg|thumb|Links das Pfarrhaus II des 17. Jh., Skizze von Ludwig Menke, 1853, LLB: HV 15,4-1r.]]


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===Pfarrhaus IV (1973)===
===Pfarrhaus IV (1973)===
Nach ersten konkreten Planungen Ende 1970 erstellte der Heiligenkirchener Architekt Werner Beining 1971 einen Entwurf, der Anfang 1972 genehmigt und hinter dem bestehenden Pfarrhaus verwirklicht wurde. Das Pfarrhaus war bereits im Januar 1973 bezugsfertig. Unmittelbar anschließend wurde das alte Pfarrhaus abgebrochen und mit dem Neubau eines modernen Gemeindezentrums begonnen. Schon am 21. Oktober 1973 konnte es feierlich eingeweiht werden. Veranschlagt waren 700.000 DM (ca. 350.000 EUR), tatsächlich stiegen die Baukosten auf 900.000 DM. <ref>Hegerfeld 1998, S. 52.</ref>
Nach ersten konkreten Planungen Ende 1970 erstellte der Heiligenkirchener Architekt Werner Beining 1971 einen Entwurf, der Anfang 1972 genehmigt und hinter dem bestehenden Pfarrhaus verwirklicht wurde. Das Pfarrhaus war bereits im Januar 1973 bezugsfertig. Unmittelbar anschließend wurde das alte Pfarrhaus abgebrochen und mit dem Neubau eines modernen Gemeindezentrums begonnen. Schon am 21. Oktober 1973 konnte es feierlich eingeweiht werden. Veranschlagt waren 700.000 DM (ca. 350.000 EUR), tatsächlich stiegen die Baukosten auf 900.000 DM. <ref>Hegerfeld 1998, S. 52.</ref>


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Die aufeinanderfolgenden Pfarrhäuser gehörten bzw. gehören der Kirchengemeinde. Bewohner waren die jeweiligen Pfarrer, die seit 1394 lückenhaft und seit 1541 durchgehend namentlich bekannt sind, und weitere Haushaltsangehörige.
Die aufeinanderfolgenden Pfarrhäuser gehörten bzw. gehören der Kirchengemeinde. Bewohner waren die jeweiligen Pfarrer, die seit 1394 lückenhaft und seit 1541 durchgehend namentlich bekannt sind, und weitere Haushaltsangehörige.


Über die Namen unterrichtet der Hohenhausener Pastor August Dreves in seiner lippischen Kirchengeschichte. Vor der Reformation waren dies demnach:  
Über die Namen unterrichtet der Hohenhausener Pastor August Dreves in seiner lippischen Kirchengeschichte. <ref> Dreves, Geschichte, 1881.</ref> Vor der Reformation waren dies demnach:  


* 1. Johann, Pfarrer von Heiligenkirchen, Rector der Capelle des Heiligengeistes zu Lemgo, schließt vor dem Vicearchidiacon des Lemgoer Stuhls am 23. August 1394 einen Vergleich. <ref>Lipp. Reg. II., 1425.</ref>
* 1. Johann, Pfarrer von Heiligenkirchen, Rector der Capelle des Heiligengeistes zu Lemgo, schließt vor dem Vicearchidiacon des Lemgoer Stuhls am 23. August 1394 einen Vergleich. <ref>Lipp. Reg. II., 1425.</ref>
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* 3. Johann Brinkmann; an ihn und die dortigen Kirchendechen verkauft im Jahre 1527 der E. H. Simon V. zur Lippe für 100 Fl. 5 Malt Korn aus 2 Höfen in Frommhausen. <ref>Lipp. Reg. III., 2494.</ref>
* 3. Johann Brinkmann; an ihn und die dortigen Kirchendechen verkauft im Jahre 1527 der E. H. Simon V. zur Lippe für 100 Fl. 5 Malt Korn aus 2 Höfen in Frommhausen. <ref>Lipp. Reg. III., 2494.</ref>


* 4. Arnd Holscher, ›ein Papist, der vom Officialat zu Paderborn bei dem Streithandel wegen der Reparationskosten der Wehme zu Horn committiret war.‹ <ref>Pustkuchen, Beitr. S. 73.</ref> (Siehe Horn.)  
* 4. Arnd Holscher, "ein Papist, der vom Officialat zu Paderborn bei dem Streithandel wegen der Reparationskosten der Wehme zu Horn committiret war." (siehe Horn.)  


Ihm folgte als erster lutherischer Prediger:
Ihm folgte als erster lutherischer Prediger:
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* 13. Matthias Jenin, 1730–1763, kam von hier nach Horn, starb aber hier schon nach einmaligem Predigen 14 Tage nach seinem Einzuge. Mathias Jenin (1730–1763), verheiratete sich mit der Tochter eines türkischen Ehepaares, Hassan und Kadira, welche in ihrer Jugendzeit im Türkenkrieg bei der Eroberung von Neuhäusel gefangen genommen und vom lippischen Grafen Georg 1683 mit nach Lippe gebracht und dort am 7. Mai 1693 getauft wurden. Hassan unter dem Namen Dietrich Sternberg (gestorben als gräflicher Kapitän-Lieutnant 1726) und Kadira (auch: Kattira) unter dem Namen Henriette. <ref>D. Brandes 1895</ref>
* 13. Matthias Jenin, 1730–1763, kam von hier nach Horn, starb aber hier schon nach einmaligem Predigen 14 Tage nach seinem Einzuge. Mathias Jenin (1730–1763), verheiratete sich mit der Tochter eines türkischen Ehepaares, Hassan und Kadira, welche in ihrer Jugendzeit im Türkenkrieg bei der Eroberung von Neuhäusel gefangen genommen und vom lippischen Grafen Georg 1683 mit nach Lippe gebracht und dort am 7. Mai 1693 getauft wurden. Hassan unter dem Namen Dietrich Sternberg (gestorben als gräflicher Kapitän-Lieutnant 1726) und Kadira (auch: Kattira) unter dem Namen Henriette. <ref>D. Brandes 1895</ref>


Jenin fiel durch die Vernachlässigung seiner kirchlichen Pflichten und durch einen unsittlichen Lebenswandel auf. 1734 beschwerte sich die Gemeinde, er sei ohne Urlaub nach Schötmar gewesen, weshalb ein Kind ungetauft gestorben sei, er sei mehrfach, unter anderem am Karfreitag, nicht in der Kirche gewesen, an beiden Weihnachtstagen erst gekommen, als Singen und Beten vorüber gewesen, ebenso bei Begräbnissen, habe von Michaelis bis Ostern keinen Katechismus-Unterricht gehalten und nehme von den Armen eine überhöhte Gebühr für die Leichenpredigt. Zur Frau des Amtsvogts unterhielt er ein anstößiges Verhältnis, weshalb die Gemeinde seinen Gottesdienst nicht mehr besuchte. Am 12. Oktober 1740 bat "sämtliche Gemeinde" um seine Versetzung. Sie gaben an, nicht mehr zum Abendmahl gehen zu können "und sehen wir so gar mit bekümmerten Seelen, daß unsere Kinder mit dem Bade der Heyligen Taufe von unheyligen Händen besprengt werden". <ref>Wendt 1965, 123 f.</ref> Dennoch sollte es noch 23 Jahre dauern, bis das Konsistorium Jenin 1763 nach Horn versetzte, wo er alsbald verstarb.
Jenin fiel durch die Vernachlässigung seiner kirchlichen Pflichten und durch einen unsittlichen Lebenswandel auf. 1734 beschwerte sich die Gemeinde, er sei ohne Urlaub nach Schötmar gewesen, weshalb ein Kind ungetauft gestorben sei, er sei mehrfach, unter anderem am Karfreitag, nicht in der Kirche gewesen, an beiden Weihnachtstagen erst gekommen, als Singen und Beten vorüber gewesen, ebenso bei Begräbnissen, habe von Michaelis bis Ostern keinen Katechismus-Unterricht gehalten und nehme von den Armen eine überhöhte Gebühr für die Leichenpredigt. Zur Frau des Amtsvogts unterhielt er ein anstößiges Verhältnis, weshalb die Gemeinde seinen Gottesdienst nicht mehr besuchte. Am 12. Oktober 1740 bat "sämtliche Gemeinde" um seine Versetzung. Sie gaben an, nicht mehr zum Abendmahl gehen zu können "und sehen wir so gar mit bekümmerten Seelen, daß unsere Kinder mit dem Bade der Heyligen Taufe von unheyligen Händen besprengt werden". <ref>Hermann Wendt, Das ehemalige Amt Falkenberg, Lemgo 1965, 123 f.</ref> Dennoch sollte es noch 23 Jahre dauern, bis das Konsistorium Jenin 1763 nach Horn versetzte, wo er alsbald verstarb.


* 14. Johann Friedrich Christian Wessel, geb. 11. November 1735 zu Sonneborn, besuchte die Schule zu Detmold, studirte zu Harderwyk, kam am 20. November 1763 als Prediger nach Heiligenkirchen, 1772 nach Bega, wo er 1803 gestorben ist.
* 14. Johann Friedrich Christian Wessel, geb. 11. November 1735 zu Sonneborn, besuchte die Schule zu Detmold, studirte zu Harderwyk, kam am 20. November 1763 als Prediger nach Heiligenkirchen, 1772 nach Bega, wo er 1803 gestorben ist.
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==Literatur==
==Literatur==


August Bernhard Christian Dreves, Geschichte der Kirchen, Pfarren, geistlichen Stiftungen und Geistlichen des Lippischen Landes, Lemgo 1881, S. 73–75
August von Cölln, Urkundliche Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Lippe'schen Kirchenordnung von 1684, Erlangen 1863, S. 19.


Wilhelm Butterweck, Die Geschichte der Lippischen Landeskirche, Schötmar 1926, S. 413–418
August Bernhard Christian Dreves, Geschichte der Kirchen, Pfarren, geistlichen Stiftungen und Geistlichen des Lippischen Landes, Lemgo 1881, S. 73–75.


D. Brandes, Die Hugenotten-Kolonieen im Fürstenthum Lippe (Geschichtsblätter des Deutschen Hugenotten-Vereins; V, 1), Magdeburg 1895, S. 21
D. Brandes, Die Hugenotten-Kolonieen im Fürstenthum Lippe (Geschichtsblätter des Deutschen Hugenotten-Vereins; V, 1), Magdeburg 1895, S. 21.
 
Wilhelm Butterweck, Die Geschichte der Lippischen Landeskirche, Schötmar 1926, S. 413–418.


Hermann Wendt, Das ehemalige Amt Falkenberg, Lemgo 1965, S. 123 f.
Hermann Wendt, Das ehemalige Amt Falkenberg, Lemgo 1965, S. 123 f.


Herbert Stöwer und Fritz Verdenhalven, Salbücher der Grafschaft Lippe von 1614 bis etwa 1620. Münster/Westf. 1969
Herbert Stöwer und Fritz Verdenhalven, Salbücher der Grafschaft Lippe von 1614 bis etwa 1620. Münster/Westf. 1969.


Heinrich Hegerfeld, 1973–1998. Gemeindezentrum und Pfarrhaus seit 25 Jahren in Benutzung, o. O. o. J. (Detmold 1998)
Heinrich Hegerfeld, 1973–1998. Gemeindezentrum und Pfarrhaus seit 25 Jahren in Benutzung, o. O. o. J. (Detmold 1998).


Heinrich Stiewe, Pfarrhausbau in Lippe, in: Thomas Spohn (Hg.): Pfarrhäuser in Nordwestdeutschland (Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland, 100). Münster 2000, S. 227–308, hier S. 280 f.
Heinrich Stiewe, Pfarrhausbau in Lippe, in: Thomas Spohn (Hg.): Pfarrhäuser in Nordwestdeutschland (Beiträge zur Volkskultur in Nordwestdeutschland, 100). Münster 2000, S. 227–308, hier S. 280 f.
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==Quellen==
==Quellen==


LAV NRW OWL, L 108 Detmold, Nr. Fach 30 Nr. 8, Band VI, 83: Verkauf versch. Landparzellen der Pfarre zu Hk. 1873 seitens des Kirchenvorstandes [Pastor Grupe, Kirchendeche Friedrich Tötemeyer Nr. 4, Kirchendeche Simon Möllemann Nr. zu Berlebeck]
LAV NRW OWL, L 108 Detmold, Nr. Fach 30 Nr. 8, Band VI, 83: Verkauf versch. Landparzellen der Pfarre zu Hk. 1873 seitens des Kirchenvorstandes [Pastor Grupe, Kirchendeche Friedrich Tötemeyer Nr. 4, Kirchendeche Simon Möllemann Nr. zu Berlebeck].


===Bildquellen===
===Bildquellen===
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==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
<references />
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