Hörster Bruch 1 (Hörste): Unterschied zwischen den Versionen

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Der nach bescheidenen Anfängen in 1928 bereits auf etwa 1000 Sommergäste im Jahre 1931 angewachsene Fremdenverkehr in Hörste wird wegen der Weltwirtschaftskrise in den Folgejahren zurückgegangen sein; bestehen bleiben aber sehr hohe Schulden aus dem ambitionierten Neubau: ''Ich, der Schuhmachermeister Friedrich Hanning, Hörste Nr. 39, bekenne hiermit  .  .  .  ein Darlehn von Goldmark 16.389,15  .  .  .  erhalten zu haben  .  .  .  ab 1. August 1931 mit monatlich mindestens 85,-- Gm zu tilgen.''<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 I, S. 77</ref>  Das ist offenbar nicht zu leisten; im Mai 1936 wird erstmals die (anzuberaumende) Zwangsversteigerung des Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen, die Versteigerung dann aber durch (Teil-)Zahlung im letzten Moment abgewendet. Derlei gerät zur Routine und wiederholt sich in den 1950er und 1960er Jahren noch fünf mal.<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 II</ref>  Betreibende Gläubiger sind Brauereien in Detmold, Herford und Dortmund, Kaffee- und Weinlieferanten, das Finanzamt, die AOK und andere.<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 I - IV</ref>  Jenseits all dessen pflegt man stets eine recht mondäne Außendarstellung im Hause Hanning.
Der nach bescheidenen Anfängen in 1928 bereits auf etwa 1000 Sommergäste im Jahre 1931 angewachsene Fremdenverkehr in Hörste wird wegen der Weltwirtschaftskrise in den Folgejahren zurückgegangen sein; bestehen bleiben aber sehr hohe Schulden aus dem ambitionierten Neubau: ''Ich, der Schuhmachermeister Friedrich Hanning, Hörste Nr. 39, bekenne hiermit  .  .  .  ein Darlehn von Goldmark 16.389,15  .  .  .  erhalten zu haben  .  .  .  ab 1. August 1931 mit monatlich mindestens 85,-- Gm zu tilgen.''<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 I, S. 77</ref>  Das ist offenbar nicht zu leisten; im Mai 1936 wird erstmals die (anzuberaumende) Zwangsversteigerung des Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen, die Versteigerung dann aber durch (Teil-)Zahlung im letzten Moment abgewendet. Derlei gerät zur Routine und wiederholt sich in den 1950er und 1960er Jahren noch fünf mal.<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 II</ref>  Betreibende Gläubiger sind Brauereien in Detmold, Herford und Dortmund, Kaffee- und Weinlieferanten, das Finanzamt, die AOK und andere.<ref>LAV NRW OWL, D 23 B Detmold. Lage, Blatt 75 I - IV</ref>  Jenseits all dessen pflegt man stets eine recht mondäne Außendarstellung im Hause Hanning.


Café Hanning überdauert noch den Niedergang des Fremdenverkehrs in Hörste, und letztlich findet sich eine Lösung für die finanziellen Probleme, als Anfang der 1990er Jahre ein zur Stätte gehörender größerer Acker zu Bauland wird, dessen Verkauf die Schulden abdeckt. Das „Café Hanning“ wird geschlossen, das Haus verkauft. Es lebt in anderen Händen noch einmal einige Jahre als Bierlokal „Eicheneck“ auf, bis es zur endgültigen Schließung kommt. Einem weiteren Verkauf des Gebäudes folgt ein langer Leerstand, schließlich um 2020 der Abriss.  
Café Hanning überdauert noch den Niedergang des Fremdenverkehrs in Hörste, und letztlich findet sich eine Lösung für die finanziellen Probleme, als Anfang der 1990er Jahre ein zur Stätte gehörender größerer Acker zu Bauland wird, dessen Verkauf die Schulden abdeckt. Das „Café Hanning“ wird geschlossen, das Haus verkauft. Es lebt in anderen Händen noch einmal einige Jahre als Bierlokal „Eicheneck“ auf, bis es zur endgültigen Schließung kommt. Einem weiteren Verkauf des Gebäudes folgt ein langer Leerstand, schließlich 2020 der Abriss.  


Auf dem Grundstück in zentraler Lage entstehen danach moderne Wohnbauten ohne erkennbaren Bezug zur baulichen Bestandsstruktur.
Auf dem Grundstück in zentraler Lage entstehen danach moderne Wohnbauten ohne erkennbaren Bezug zur baulichen Bestandsstruktur.
[[Datei:1913 Hörste Ausbaulanung Hiddentrupper Str.jpg|mini|Gebäudegrundrisse 1913 der Stätte Hanning (links Saalbau des hörster Kruges) (aus Ausbauplanung Hiddentrupper Str. / LAV NRW OWL, L 80.22 Nr. 453)]]
[[Datei:1913 Hörste Ausbaulanung Hiddentrupper Str.jpg|mini|Gebäudegrundrisse 1913 der Stätte Hanning (links Saalbau des Hörster Kruges) (aus Ausbauplanung Hiddentrupper Str. / LAV NRW OWL, L 80.22 Nr. 453)]]
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==Gebäude==
==Gebäude==
• Kleines (Fachwerk-)Wohnhaus mit atypischen Fachwerkgiebeln und Torbogen von 1772; 1905 als Leibzucht bezeichnet bei Genehmigung eines Anbaus daran  -  dieser Anbau vor 1931 abgerissen; in den 1950er Jahren (?) Umbau des Hauses zu „Hannings Weinstube“; um 2018 Abriss nach langem Leerstand
• Kleines (Fachwerk-)Wohnhaus mit atypischen Fachwerkgiebeln und Torbogen von 1772; 1905 als Leibzucht bezeichnet bei Genehmigung eines Anbaus daran  -  dieser Anbau vor 1931 abgerissen; in den 1950er Jahren (?) Umbau des Hauses zu „Hannings Weinstube“; um 2018 Abriss nach langem Leerstand


• Kleines Haus (die im Salbuch 1781 nachgetragene Leibzucht ??, also erbaut 1781  .  .  . 1829)  -  abgerissen vor 1931; an dessen Stelle Bau der Pension/des Gastronomiebetriebes „Café Hanning“ (1930/31)  -  dessen Abriss um 2020; heute dort modern gestaltete Wohnbebauung
• Kleines Haus (die im Salbuch 1781 nachgetragene Leibzucht ??, also erbaut 1781  .  .  . 1829)  -  abgerissen vor 1931; an dessen Stelle Bau der Pension/des Gasthauses „Café Hanning“ (1930/31)  -  nach dessen Abriss 2020 heute dort modern gestaltete Wohnbebauung
[[Datei:HörsterBruch1_050410_1.jpg|200px|thumb|das zuletzt als Weinstube genutzte und 2020 abgebrochene kleine Fachwerkhaus, Foto: Hans-Christian Schall, 2010]]
[[Datei:HörsterBruch1_050410_1.jpg|200px|thumb|das zuletzt als Weinstube genutzte und 2020 abgebrochene kleine Fachwerkhaus, Foto: Hans-Christian Schall, 2010]]
[[Datei:HörsterBruch1_050410_2.jpg|200px|thumb|Torbogen-Inschrift von 1772 an dem zuletzt als Weinstube genutzten Fachwerkhaus , Foto: Hans-Christian Schall 2010]]
[[Datei:HörsterBruch1_050410_2.jpg|200px|thumb|Torbogen-Inschrift von 1772 an dem zuletzt als Weinstube genutzten Fachwerkhaus , Foto: Hans-Christian Schall 2010]]
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==Inschriften==
==Inschriften==
• Das Erbauer-Ehepaar des ersten Hauses auf der Stätte  -  Johann Henrich Strate und Anna Catrine Hilgenstöhler  -  hat nach der Eheschließung 1754 zunächst lange Jahre als Einlieger auf dem Hof Brinkmann in Hiddentrup gelebt. Dort hat es damals einen Krug gegeben  -  zur Beköstigung und Übernachtung reisender Kaufleute und ihrer Gespanne, aber auch für durstige einheimische Kehlen.  So werden die Strates im Kruge zu Hiddentrup gedient/gearbeitet/geholfen und so ihre Erfahrungen mit ''„Säufern und Schlemmern“'' gemacht haben. Hat der einstige Krug auf dem Hof Brinkmann bereits die Inschrift mit dem bemerkenswerten Säufer-und-Schlemmer-Vers getragen? War er Vorbild für die Inschrift des 1772 neu erbauten Hauses der Strates?
• Das Erbauer-Ehepaar des ersten Hauses auf der Stätte  -  Johann Henrich Strate und Anna Catrine Hilgenstöhler  -  hat nach der Eheschließung 1754 zunächst lange Jahre als Einlieger auf dem Hof Brinkmann in Hiddentrup gelebt. Dort hat es damals einen Krug gegeben  -  zur Beköstigung und Übernachtung reisender Kaufleute und ihrer Gespanne, aber auch für durstige einheimische Kehlen.  So werden die Strates im Kruge zu Hiddentrup gedient/gearbeitet/geholfen und so ihre Erfahrungen mit ''„Säufern und Schlemmern“'' gemacht haben. Hat der einstige Krug auf dem Hof Brinkmann bereits die Inschrift mit dem bemerkenswerten Säufer-und-Schlemmer-Vers getragen? War er Vorbild für die Inschrift des 1772 neu erbauten Hauses der Strates?
• Der prägnante, in großen Lettern ausgeführte Schriftzug  '''CAFE  HANNING'''  an der Fassade des Pensions-/Gaststättengebäudes der Familie Hanning gehörte fast 90 Jahre zu den markanten Blickpunkten in Hörstes Ortskern.


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'''Inschrift von 1772 an dem zuletzt als Weinstube genutzten Fachwerkhaus<ref>[https://www.nhv-ahnenforschung.de/Torbogen/lippe.htm ‘‘Hausinschriftensammlung des Genealogischen Arbeitskreises im NHV‘‘]</ref><br>'''
'''Inschrift von 1772 an dem zuletzt als Weinstube genutzten Fachwerkhaus: <ref>
[https://www.nhv-ahnenforschung.de/Torbogen/lippe.htm ‘‘Hausinschriftensammlung des Genealogischen Arbeitskreises im NHV‘‘] </ref><br>'''


HÖRE MEIN SOHN SEI WEISE UND SEI NICHT UNTER DEN SÄUFFERN UND SCHLÄMMERN DEN<br>
HÖRE MEIN SOHN SEI WEISE UND SEI NICHT UNTER DEN SÄUFFERN UND SCHLÄMMERN DEN(N)<br>
DIE SÄUFFER UND SCHLÄMMER VERARMEN UND EIN SCHLÄFFER MUSZ ZERRISSEN KLIDER TRA<br>
DIE SÄUFFER UND SCHLÄMMER VERARMEN UND EIN SCHLÄFFER MUSZ ZERRISSEN KLIDER TRA<br>
GEN SPRÜCHEN SALOMONIS DAS XXIII VERS 19 20 21 IOHAN HENRICH STRATE UND<br>
GEN SPRÜCHEN SALOMONIS DAS XXIII VERS 19•20•21• IOHAN HENRICH STRATE UND<br>
SEINE EHEFRAUE ANNA CATRINE HELGENSTOHLER HAVS LASEN BAEN<br>
SEINE EHEFRAUE ANNA CATRINE HELGENSTOHLER HAVS LASEN BAEN<br>
1772 M.I.K . BRINCK   DEN 16 SEPTEMBER<br>
1772 M•I•K• BRINCK   DEN 16 SEPTEMBER<br>
 
 
• Der prägnante, in großen Lettern ausgeführte Schriftzug  '''CAFE  HANNING'''  an der Fassade des Pensions-/Gaststättengebäudes der Familie Hanning gehörte fast 90 Jahre zu den markanten Blickpunkten in Hörstes Ortskern.


==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
==Eigentümer*innen, Bewohner*innen==
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Der Anerbe ''Jobst Hermann Berend Strate vulgo Althöfer'' (1788 – 1854) übernimmt die Stätte Nr. 39 mit seiner ersten Eheschließung im Oktober 1827 von seiner Mutter. Seine Ehefrau und Colona wird Anne Sophie Elisabeth Reineke von Pivitsheide VL Nr. 24 (* 1802), die 1835 infolge Wochenbetts verstirbt. Daraufhin heiratet der Witwer (mit zwei Kindern) im Oktober 1836 Anna Marie Elisabeth Wiele (1810 – 1877) von Augustdorf Nr. 29. Aus den beiden Ehen gehen folgende Kinder hervor:
Der Anerbe ''Jobst Hermann Berend Strate vulgo Althöfer'' (1788 – 1854) übernimmt die Stätte Nr. 39 mit seiner ersten Eheschließung im Oktober 1827 von seiner Mutter. Seine Ehefrau und Colona wird Anne Sophie Elisabeth Reineke von Pivitsheide VL Nr. 24 (* 1802), die 1835 infolge Wochenbetts verstirbt. Daraufhin heiratet der Witwer (mit zwei Kindern) im Oktober 1836 Anna Marie Elisabeth Wiele (1810 – 1877) von Augustdorf Nr. 29. Aus den beiden Ehen gehen folgende Kinder hervor:
 
[[Datei:Aktuelle Bebauung IMG 3246.jpg|mini|Nach 2020 anstelle des Café Hanning entstandene Wohnbauten (rechts im Bild Saalbau des Hörster Kruges), 2025, Foto: Dr. Horst Wissbrock]]
*  1828  Töns Henrich Christoph († 1828)
*  1828  Töns Henrich Christoph († 1828)


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