Währentruper Straße 88 (Hörste): Unterschied zwischen den Versionen

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1552 beginnt mit dem Aufzug des freien Hans Nieweg aus Lieme als Meier zum Krawinkel erstmals eine Periode von mehr als hundert Jahren, in der nachweislich mehrere Generationen einer Familie nacheinander den Hof Krawinkel besitzen. Tüchtige Meier und gute Zeiten lassen den Hof bis in die frühen Jahre des Dreißigjährigen Krieges gedeihen, dann wird beides  -  die Meier und die Zeiten  -  merklich schlechter: In den 1630er Jahren kann die Pacht nicht vollständig gezahlt werden, Schulden auf dem Hof sammeln sich an. Missernten kommen hinzu und verschlechtern die wirtschaftliche Situation weiter.
1552 beginnt mit dem Aufzug des freien Hans Nieweg aus Lieme als Meier zum Krawinkel erstmals eine Periode von mehr als hundert Jahren, in der nachweislich mehrere Generationen einer Familie nacheinander den Hof Krawinkel besitzen. Tüchtige Meier und gute Zeiten lassen den Hof bis in die frühen Jahre des Dreißigjährigen Krieges gedeihen, dann wird beides  -  die Meier und die Zeiten  -  merklich schlechter: In den 1630er Jahren kann die Pacht nicht vollständig gezahlt werden, Schulden auf dem Hof sammeln sich an. Missernten kommen hinzu und verschlechtern die wirtschaftliche Situation weiter.


1661 übergibt Hans (III) den Hof an seinen Sohn Christoph, der nach August Kr. als engagiert und bemüht, aber auch als in seinen Fähigkeiten begrenzt angesehen werden kann. Die einheiratende Meierin bringt zwar eine ansehnliche Mitgift von 400 Talern auf den Hof, die allerdings nur zum kleineren Teil sofort gezahlt wird. Mit den Jahren wird die Situation stetig schlimmer: Die Gläubiger drängen auf Zahlung, unterlassene Reparaturen führen zu verfallenden Gebäuden, Vieh wird in der Not veräußert, Äcker können mangels Saatgut nicht bestellt werden, Wald wird ohne Rücksicht auf die Zukunft abgeholzt  -  die Wirtschaft des Hofes geht zurück, die Schulden aber steigen weiter. Schließlich steht der Hof mit der damals ungeheuren Summe von mehr als 4000 Talern in der Kreide, und der Grundherr und zugleich größte Gläubiger  -  das Kapitel in Bielefeld  -  entschließt sich, ein Abmeierungsverfahren gegen Christoph einzuleiten. Nach sechs Prozessjahren wird 1689 die Abmeierung vollzogen; Christoph muss seine letzten Lebensjahre auf die Leibzucht und  von dort seinen bisherigen Hof unter der Regie eines neuen, fremden Meier miterleben.
1661 übergibt Hans (III) den Hof an seinen Sohn Christoph, der nach Aug. Kr. als engagiert und bemüht, aber auch als in seinen Fähigkeiten begrenzt angesehen werden kann. Die einheiratende Meierin bringt zwar eine ansehnliche Mitgift von 400 Talern auf den Hof, die allerdings nur zum kleineren Teil sofort gezahlt wird. Mit den Jahren wird die Situation stetig schlimmer: Die Gläubiger drängen auf Zahlung, unterlassene Reparaturen führen zu verfallenden Gebäuden, Vieh wird in der Not veräußert, Äcker können mangels Saatgut nicht bestellt werden, Wald wird ohne Rücksicht auf die Zukunft abgeholzt  -  die Wirtschaft des Hofes geht zurück, die Schulden aber steigen weiter. Schließlich steht der Hof mit der damals ungeheuren Summe von mehr als 4000 Talern in der Kreide, und der Grundherr und zugleich größte Gläubiger  -  das Kapitel in Bielefeld  -  entschließt sich, ein Abmeierungsverfahren gegen Christoph einzuleiten. Nach sechs Prozessjahren wird 1689 die Abmeierung vollzogen; Christoph muss seine letzten Lebensjahre auf die Leibzucht und  von dort seinen bisherigen Hof unter der Regie eines neuen, fremden Meiers miterleben.


Mit Johann Berend Niebuhr ist wohl ein passender Mann für die herausfordernde Aufgabe als Meier (d.h. fähiger und hart arbeitender Sanierungsmanager) für den Hof Krawinkel gefunden.
Mit Johann Berend Niebuhr ist wohl ein passender Mann für die herausfordernde Aufgabe als Meier (d.h. fähiger und hart arbeitender Sanierungsmanager) für den Hof Krawinkel gefunden, der zuvor als Konduktor (Verwalter/Geschäftsführer) des Meierhofes Dahlhausen bereits einschlägige Erfahrungen sammeln konnte. Seine ersten Meierjahre nutzt er, den Zustand des Hofes Schritt für Schritt zu verbessern; an das Abtragen der enormen Schulden ist erst danach zu denken. Ein jähes Ende nehmen diese Anstrengungen, als Niebuhr 1703 plötzlich verstirbt.
Im Folgejahr 1704 findet sich als Interimswirt der erst 24-jährige Johann Wilhelm Abhüpf aus dem Ravensbergischen, der die hinterbliebene Witwe mit sechs Kindern und hohen Schulden heiratet und 400 Taler Brautschatz auf den Hof bringt. Abhüpf ist nach dem Urteil Aug. Kr.s ein der Familie zugewandter harter Arbeiter, hat aber leider nicht die erforderliche Übersicht zur Administration eines größeren Hofes in schwieriger Lage. Die frühere Schuldenwirtschaft reißt wieder ein; Gläubiger und Prozesse fordern Energien, die der Hof brauchen würde. Nach zehn Jahren häufen sich die Pachtrückstände so stark, dass sich das Kapitel in Bielefeld entschließt, den Interimswirt Abhüpf und auch die auf dem Hof sitzende Familie Niebuhr abzumeiern.
 
Das will in den folgenden Jahren/Jahrzehnten nicht so recht gelingen aus zwei Gründen: Zum einen führt die später auf die Leibzucht verwiesene Familie Niebuhr/Krawinkel über Jahre einen regelrechten Kleinkrieg gegen Jedermann, der irgendetwas von Ländereien, Gebäuden oder Inventar nutzen will. Der Hof kann dadurch nicht verpachtet oder anderweitig genutzt werden. Zum anderen besteht eine sehr spezielle rechtliche Konstellation: Das Kapitel versucht natürlich, die Abmeierung auf dem Rechtswege durchzusetzen. Die dafür in Anspruch genommenen lippischen Stellen wie Gerichte und Regierung erweisen sich aber als zögerlich und begrenzt motiviert, gegen lippische Untertanen zugunsten auswärtiger Grundherren vorzugehen.
 
1718 tritt Abhüpf von seinem Meierrecht zugunsten seines 25-jährigen Stiefsohnes Henrich Behrend zurück. Diesem gelingt eine einträgliche Heirat, das Kapitel stimmt zunächst zu. Das junge Meierpaar hat aber bald sehr schlechte Jahre: Etliches Großvieh verreckt, Missernten treten auf. Obwohl der Schwiegervater finanziell hilft, kommt es bald wieder zu Rückschritten, 1723 erreicht das Kapitel formal die erneut betriebene Abmeierung, wogegen die auf die Leibzucht gedrängte Familie allerdings klagt. Die Schwebesituation mit kleinkriegsartigen Begleitumständen zieht sich hin.
 
1728 werden Henrich Behrend Niebuhr/Krawinkel und sein jüngerer Bruder Johann Tönnies in Bielefeld von preussischen Werbern mit List und/oder Gewalt dazu gebracht, in die preussische Armee einzutreten, wo der jüngere Bruder den Rest seines Lebens dient und im fernen Perleberg ansässig wird, während Henrich Behrend nach 8 Jahren desertiert und auf den Hof zurückkehrt.
 
In Vergleichsverhandlungen mit dem wohl inzwischen auch zermürbten Kapitel in Bielefeld kann er Zugeständnisse (Freijahre und Reduzierung der aufgelaufenen Pachtschulden) erreichen und wird im Februar 1737 in aller Form erneut als Meier auf dem Hof Krawinkel eingeführt. Nun endlich kann er den ererbten Hof wieder aufbauen und voranbringen. Der Begräbniseintrag nach diesem bewegten Leben im Kirchenbuch Stapelage vom 24. Februar 1751 beginnt: ''Henrich Bernhard Meyer zum Krawinkel, alt 59 Jahr weniger 2 Monathe. Weilen derselbe anfänglich in trüben et elenden Umbständen gewesen, hernach aber von Gott reichlich gesegnet worden  .  .  .''
Nach Henrich Bernhard übernimmt seine Witwe Anna Elisabeth für zehn Jahre die Regie auf dem Hof; erst nach ihrem Tod Anfang 1761 ehelicht der Anerbe Johann Christoph die Schwester Anna Ilsabein des Halbmeiers Gees in Hörste und tritt in die Verantwortung.
Die weitere Geschichte des Hofes Krawinkel verläuft in geordneten Bahnen, existentielle Krisen wie im Jahrhundert davor zahlreich, bleiben nach Aug. Kr. nun aus. Die Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts, aber auch wenig sichtbare, aber wichtige  Verbesserungen wie die Installation einer umfassenden Drainage der vielen zu feuchten Flächen in der Mitte des 19. Jahrhunderts und schließlich die bauliche Erneuerung gegen dessen Ende werden von Aug. Kr. beschrieben.
 
Zur jüngeren Geschichte ist anzufügen, dass sich der Hof Krawinkel in den letzten Jahrzehnten zum Pferde-/ Reiterhof gewandelt hat. Insbesondere an Wochenenden herrscht lebhafter Betrieb. Pferde, mehr noch Pferdeliebhaberinnen und –liebhaber, auch zahlreiche Pferdeanhänger prägen das Bild.


( B A U S T E L L E )
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==Gebäude==
==Gebäude==
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